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Fußball mit Herz wird nicht belohnt

Wenn Dragusha trifft, punktet SC Paderborn nicht

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WV). War es fehlende Cleverness, fehlende Klasse oder am Ende doch nur Pech? Für die Trainer, Spieler und die Führungsriege beim Fußball-Zweitligisten SC Paderborn 07 eine Mischung aus allem und, trotz der dritten Niederlage in Folge, ein Lichtblick: Denn der Liga-Neuling zeigte beim 1:3 (1:0) gegen den VfL Bochum wieder Fußball mit Herz und Leidenschaft.

Der wurde von den meisten Zuschauern auch honoriert. Die Treuesten der Treuen auf der Gegengerade feierten die Elf wie einen Sieger und brachten auch den einzigen Paderborner Torschützen ins Schwärmen. »Das, was die heute gemacht haben, war sensationell. Als wir 1:3 zurück lagen, hörten die gar nicht mehr auf zu singen. Das verdient unseren Respekt und da macht es auch Spaß, Fußball zu spielen«, meinte Mehmet Dragusha. Der albanische Nationalspieler hatte mit seinem frühen Führungstor (8.) den neuen Tabellenführer in arge Bedrängnis gebracht, war aber trotzdem unglücklich: »Mir wäre es lieber, die anderen treffen. Wenn ich ein Tor mache, verlieren wir nur.« Für den 28-Jährigen war es das zweite Saisontor, doch Glück brachten ihm die Treffer tatsächlich nicht. Sein erstes Tor markierte er in der Hinrunde, auch in einem Heimspiel und auch zur 1:0-Pausenführung. Damals hieß der Gegner SpVgg. Greuther-Fürth, der siegte am Ende 2:1 und nahm alle drei Punkte mit. Dragusha brach sich in dieser Partie auch noch die Hand, spielte wochenlang mit einer Manschette und kam in ein Formtief, von dem er sich erst mit Beginn der Rückrunde allmählich befreit. Doch diesmal lag's nicht am Paderborner Linksfuß, der am Freitagabend bei seinem 1:0 bewies, dass auch mit rechts bei ihm viel geht.
Nicht ganz so viel ging bei René Müller. Der hatte zweimal das 2:0 auf dem Fuß, nutzte aber beide Möglichkeiten nicht. Chance Nummer eins hatte Dennis Schulp (32.) mustergültig vorbereitet. Erst lief der Holländer seinem Gegenspieler Marcel Maltritz davon, spielte ihn dann auch noch an der Strafraumgrenze aus, legte das Leder für Müller auf, doch der jagte den Ball übers Tor. »Da kann man René keinen Vorwurf machen, der Ball ist kurz vor ihm versprungen«, nahm Dragusha seinen Kapitän in Schutz.
Müllers Möglichkeit Nummer zwei hatte Dragusha direkt nach Wiederanpfiff (46.) selbst vorbereitet. Seine Flanke vom linken Flügel ließ Bochums Keeper Peter Skov-Jensen fallen, doch der Torjäger konnte auch diesen Abpraller nicht ins Tor befördern. »Nutzt Müller eine der beiden Möglichkeiten, wird's ganz schwer für uns«, meinte Bochums Coach Marcel Koller. »Macht René den Ball rein, gehen wir mit einem besseren Gefühl in die Halbzeit und erhöhen den Druck auf Bochum«, trauerte auch Jos Luhukay den vergebenen Möglichkeiten nach.
Wie es geht, machte danach der VfL vor. Besonders Zvjezdan Misimovic, der zwei Tore schoss (54./76.) und den Treffer von VfL-Spielführer Thomas Zdebel (62.) vorbereitete, brachte Luhukay ins Schwärmen. »Diese individuelle Klasse macht den Unterschied, der VfL hat einfach phantastisch gespielt.«
Präsident Wilfried Finke sah in der letzten halben Stunde sogar einen »Klassenunterschied«, Dragusha sprach von einer »Übermannschaft«, hofft aber, dass sein Team genauso weiterspielt. »Wir müssen jetzt nur die Ruhe bewahren«, fordert der schnelle Außenstürmer und meint damit den Blick auf die Tabelle. 16 Zähler betrug mal der Abstand bis zur Abstiegszone, seit gestern Nachmittag sind es nur noch sieben Pünktchen. Und am Sonntag geht's zum Bundesliga-Absteiger nach Freiburg, der um seine allerletzte Aufstiegschance kämpft.

Artikel vom 03.04.2006