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Mit dem Schreiben das
Schweigen gebrochen

John von Düffel liest aus seinem Roman »Houwelandt«

Harsewinkel-Greffen (joz). Einer der renommiertesten Schriftsteller der jüngeren Generation, John von Düffel, war jetzt zur Autorenlesung im Bürgerhaus Greffen zu Gast. Er las in der gemeinsamen Veranstaltung des Bürgervereins Greffen, dem Kultur und Bildungsverein (KuBi), der Katholischen Öffentlichen Bücherei (KÖB) St. Lucia und der Buchhandlung Jürgensmeier aus seinem großen Familienroman »Houwelandt«.

Außerdem erfreute der Autor die 80 Zuhörer nach dem von Manfred Beine moderierten Gespräch mit einem Auszug aus seiner jüngsten Erzählung, »Hotel Angst«, und bot den Greffenern sozusagen eine »Premiere auf dem Dorf«.
Am Anfang der Erzählung steht eine Urlaubsreise nach Italien. Aus der Perspektive der beiden auf der Rückbank des elterlichen Autos sitzenden Söhne beschreibt der Autor eindrucksvoll die Landschaft mit ihren alpinen Felsenschluchten, der oberen Poebene bis zum Moment der Eispause. Auffällig sind die Parallelen zu den zuvor gelesenen Partien aus »Houwelandt. Setzt die Erzählung mit einem Versuch der Ergründung der am Steuer sitzenden, zunehmend ermüdeten Vaterfigur an, zieht sich das Thema der Vater-Sohn-Beziehungen über drei Generationen auch durch den Roman.
An den Essayband »Schwimmen« aus dem Jahr 2000 erinnerte der von ihm gelesene Anfang von »Houwelandt«. Die fast 80-jährige, knorrige Roman-Hauptfigur, Jorge de Houwelandt, kann nichts davon abhalten, in der sonnigen Spanienresidenz allmorgendlich zu schwimmen. Seine Ehefrau Esther, der Sohn Thomas und der Enkel Christian bemühen sich indes - daheim in Deutschland - um die feierliche Ausrichtung, Planung und Organisation des nahen 80. Geburtstags des »Patriarchen«. Ein stilistischer Aufhänger, die Komplexität der Charaktere der de Houwelands aus den Perspektiven der verschiedenen Familienmitglieder zu schildern, ist der »Deal« von Esther und Thomas. Wenn Thomas die Geburtstagsrede erstellt, wird er im Gegenzug von den Renovierungsarbeiten im elterlichen Haus befreit. Während des von inneren Widerständen begleiteten Verfassens der Geburtstagsrede durch den am Tag zwei Päckchen Zigaretten rauchenden, seinen Aschenbecher nicht leerenden, Rotwein und Espresso trinkenden »Totalversagers« und Spät-68-ers kommt literarisch kunstvoll das zum Vorschein, worüber in dieser Familie sonst Schweigen herrschte.

Artikel vom 28.03.2006