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»Das Geld lieber für
Betreuung investieren«

Minister Armin Laschet kritisiert geplantes Elterngeld

Kreis Gütersloh/Schloß Holte-Stukenbrock (kl). Ein Lob für das »Projekt 2020« des CDU-Kreisverbandes von Ministerseite war natürlich obligatorisch. »Sie haben damit vielen Städten und Kreise etwas voraus«, sagte Armin Laschet, Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration am Freitag Abend während des CDU-Kreisparteitages im Gasthof zur Post in Schloß Holte-Stukenbrock. »Demografie ist nämlich eigentlich etwas Wichtiges.«

Demografie - das war das Vortragsthema des Gastredners aus Düsseldorf, der einen großen Bogen schlug: Von den 60-er Jahren in die Gegenwart, vom Geburtenrückgang zur Integration der Zuwanderer (»Demografie und Integration gehören zusammen«), vom Asylrecht der 80-er Jahre zur Familienpolitik der Gegenwart. Dabei wartete er auch mit eigenen Thesen auf, die sich bisweilen deutlich von der Politik der eigenen Partei im Bund und in anderen Bundesländern absetzte.
Kein gutes Haar ließ er beispielsweise an den Ausländer-Fragebögen aus Baden-Württemberg: »Da wird Gesinnung abgefragt. Aber was ich davon halte, ob mein Sohn ein homosexuelles Verhältnis zu einem anderen Mann hat, das ist meine Privatsache, das geht den Staat nichts an.« Was nichts daran ändere, dass man Menschen, die sich einbürgern lassen wollen, bestimmte Forderungen abverlangen könne, beispielsweise ausreichende Deutschkenntnisse und ein gutes polizeiliches Führungszeugnis sowie eine Anerkennung des Grundgesetzes. »Es sind zu wenige, die sich einbürgern lassen wollen. Aber es ist wichtig, dass die Ausländer, die bei uns leben, ihre Parallelgesellschaften verlassen.«
Missachtung von Frauenrechten und Zwangsverheiratung der Töchter seien mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. »Wir sind de facto eine multikulturelle Gesellschaft, aber Multi-Kulti bedeutet nicht, dass jeder machen kann, was er will.«
Wenig hält Laschet auch vom Elterngeld, das jetzt eingeführt werden soll. »Das ist nur eine Lohnersatzleistung für zehn Monate. Danach lässt man die Mütter und Väter mit ihren Kindern allein. Wir in Nordrhein-Westfalen sagen: Wenn ihr schon so viel Geld in die Hand nehmt, dann investiert es lieber in eine dauerhafte Betreuung.«
»Wir müssen heute Bedingungen schaffen, dass die Menschen ja sagen zu Kindern.« Eine große Errungenschaft sei in diesem Zusammenhang die Anerkennung der Erziehungszeit für die Rentenberechnung, verwirklicht durch die CDU in den 80-er Jahren. Damit habe man die Gleichwertigkeit der Erziehungsarbeit anerkannt. Denn ebenso falsch, wie Gerhard Schröders Bezeichnung »Gedöns« für Familienpolitik sei mittlerweile leider die Einschätzung des ersten deutschen Bundeskanzler, Konrad Adenauer: »Kinder kriegen die Leute sowieso.«
»Freiheit ist zwar wichtig, aber wenn sich niemand um Familien und Kinder kümmert, dann haben wir bald nicht nur ein demografisches, sondern auch ein ökonomisches Problem.« Mit dem Schrumpfen der Bevölkerung stiegen die Kosten, nicht nur für die Renten, sondern auch für alles andere. »Die ganze Infrastruktur, Straßen, Kanäle, alles muss von immer weniger Menschen finanziert werden.« Darauf, dass es bald mehr alte als junge Menschen geben wird, darauf müsse sich auch die Wirtschaft einstellen: Autos, in die man besser einsteigen kann, Handys, die man besser lesen kann, weniger Spielzeug, mehr Bedarfsartikel für ältere Menschen.
Gerade so, wie sie die Bevölkerungsentwicklung verschlafen habe, habe die Rot-Grüne Landesregierung auch in der Integrationspolitik viele Fehler gemacht. »Wir haben die Menschen 30 Jahre lang nicht integriert, weil wir gedacht haben, dass sie wieder gehen.« Ähnliche Konsequenzen habe das Asylrecht nach sich gezogen. Die Folge: »Zuwandererkinder in NRW haben die schlechtesten Chancen in ganz Deutschland.« Das sei beispielsweise auf die mangelnden Sprachkenntnisse zurückzuführen. »Wir wollen, dass ein Kind, das in die Schule kommt, die deutsche Sprache kennt. Dafür soll es im vierten Lebensjahr einen Test geben und Sprachunterricht, wenn dieser Test schlecht ausfällt. Sprache ist der Schlüssel zur Integration.« Von Zwangsgermanisierung, wie dies von der SPD vor 20 Jahren bezeichnet worden sei, könne nicht die Rede sein. Berechtigt sei auch die Forderung von Papst Benedikt XVI, dass auch der islamische Religionsunterricht in die Schule gehöre.

Artikel vom 27.03.2006