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Beschäftigte schlucken bittere Pille

Fusion Bayer/Schering kostet 6000 Arbeitsplätze - neuer Pharmariese in Deutschland

Leverkusen/Berlin (dpa). Deutschland bekommt einen neuen Pharmariesen: Der Bayer-Konzern entschied den Übernahmepoker um Schering mit einem kräftigen Preisaufschlag für sich und will im künftigen gemeinsamen Unternehmen 6000 Arbeitsplätze streichen.
Bayer-Chef Werner Wenning.
Schering-Chef Hubertus Erlen.

Diese Größenordnung ergebe sich als Erfahrungswert, sagte Bayer-Chef Werner Wenning am Freitag.
Bayer schlug den Darmstädter Pharma-Konzern Merck mit einem Gebot von insgesamt 16,3 Milliarden Euro oder 86 Euro je Aktie aus dem Rennen. Merck hatte 77 Euro geboten und gab am Freitag auf. Schering empfahl den Aktionären die Annahme der Bayer-Offerte. Die Bayer Schering Pharma mit Sitz in Berlin wird die Branche in Deutschland mit großem Abstand anführen. Aus einer Hand kommen dann Mittel wie Aspirin (Bayer) und die Anti-Baby-Pille Yasmin (Schering).
Nähere Angaben zu dem weltweiten Stellenabbau, etwa darüber, ob es zu betriebsbedingten Kündigungen kommen werde, könne er noch nicht machen, sagte Wenning. Die Erfahrung zeige, dass das Einsparpotenzial bei zehn Prozent der Mitarbeiter liege. Die Sparte Bayer HealthCare beschäftigt fast 34000 Mitarbeiter, Schering hat knapp 25000 Arbeitsplätze. Schering-Chef Hubertus Erlen sagte: »Ich kenne keine konkreten Zahlen von Arbeitsplätzen.« Beide Unternehmen, Bayer und Schering, hätten jedoch »hohe soziale Standards«. Wo die angepeilten Einsparungen von 700 Millionen Euro erzielt werden, werde letztlich vom neuen Management entschieden. Ob er diesem angehören wird, ließ Erlen offen.
Die Pharma-Bereiche der beiden Unternehmen kommen zusammen auf mehr als neun Milliarden Euro Umsatz. Bei Pharmaspezialitäten erreichen sie weltweit Rang sieben, insgesamt schaffen sie es nicht in die globale Top-10 der Gesundheitskonzerne.
Bayer hat sich nach dem Debakel mit dem zurückgezogenen Cholesterinsenker Lipobay 2001 besonders auf Krebs- und Herz-Kreislauferkrankungen spezialisiert. Schering ist mit Verhütungsmitteln, Hormonmedikamenten und Präparaten gegen Multiple Sklerose ein Nischenanbieter.
Von der Bayer-Pharma-Zentrale Wuppertal würden bestimmte Funktionen nach Berlin gehen, sagte Wenning. Wuppertal bleibe aber ein wichtiger Standort. Bayer und Schering seien jeweils in mehr als 100 Ländern tätig. Die weitweite Zusammenführung der Strukturen biete Sparpotenzial in der Infrastruktur. Aber auch im IT-Bereich und und dem Rohstoff-Einkauf böten sich Kostenvorteile. Den erwarteten Synergieeffekten stünden einmalige Umbaukosten von einer Milliarde Euro gegenüber.
Merck kündigte an, Übernahmen zur Stärkung des Pharma-Geschäfts seien weiterhin eine Option. An dem zum Verkauf stehenden Unternehmen Altana sei man aber nicht interessiert.
Nach letzten Angaben befanden sich 68 Prozent der Schering-Aktien in der Hand institutioneller Investoren. Größter Einzelaktionär der Schering AG ist die Allianz mit mehr als 10 Prozent. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 25.03.2006