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Von Rüdiger Kache

Paderborner
Perspektiven

Bloß nicht am Stuhl rütteln


Der Paderborner CDU-Stadtverbandsvorsitzende Wolfgang Schmitz hat durch seinen Verzicht auf eine neuerliche Kandidatur seine Partei vor unerfreulichen Personaldebatten und einer Zerreißprobe bewahrt. Damit machte er den Weg frei für den jungen und agilen Paderborner Ortsunionsvorsitzenden Daniel Sieveke.
Neue Besen kehren gut, sagt ein altes Sprichwort. Doch kommt es dabei bekanntlich nicht nur auf die Beschaffenheit des »Fegers« an, entscheidend ist vielmehr, wer den Besen führt. Es ist kein Geheimnis, dass die starke CDU-Mittelstandsvereinigung unter ihrem politisch geschickt und erfolgreich agierenden Vorsitzenden Friedhelm Koch die Ablösung des bisherigen Stadtverbandsvorsitzenden Schmitz gefordert und auch eingeleitet hat. Gleichzeitig wurde die Karriereleiter des 29-jährigen Bankers Sieveke aufgestellt, dem dem Vernehmen nach mittelfristig auch Chancen auf ein Mandat in Bund oder Land eingeräumt werden.
Der engagierte und im positiven Sinne ehrgeizige Nachwuchspolitiker soll nun der Stadt-Partei neue Impulse geben, soll mithelfen, dass die seit Jahren angeschobenen Großprojekte in Paderborn endlich umgesetzt werden. Auch im runderneuerten Stadtverbandsvorstand drängen Mittelständler in die vorderen Ränge. Das ist auch gut so, denn schon immer wurde bemängelt, dass zu viele Pädagogen die Parteigremien und Parlamente bevölkern. Sachverstand aus dem Mittelstand - das kann der Politik nur gut tun.
Doch für Daniel Sieveke geht es nicht nur darum, auf dem Chefsessel zu thronen - das allein bringt die Partei und den bedrängten Bürgermeister keinen Schritt weiter zur Lösung der Probleme. Sieveke braucht vielmehr vom ersten Tag an ein eigenständiges Profil. Er muss glaubhaft machen, dass er nicht am Gängelband der MIT hängt, auch wenn er dieser mächtigen Organisation und ihrem Vorsitzenden viel zu verdanken hat. Eine besorgte Wortmeldung in der Mitgliederversammlung zielte genau in diese Richtung.
Auch innerhalb der CDU-Fraktion im Rat wird der zunehmende Einfluss der Mittelstandsvereinigung sehr wohl argwöhnisch wahrgenommen.
Parallelen zur Amtszeit des legendären Mittelstandschefs Paul Schmandt zeichnen sich ab. Dessen Einfluss auf Stadt- und Kreispolitik sowie Personaldebatten bis hin zur Auswahl der Bundestags- und Landtagskandidaten war oft entscheidend und hat Paderborn in den vergangenen Jahrzehnten auch nach vorn gebracht.
Die drohende »politische Demontage« von Schmitz in parteiöffentlicher Versammlung fiel ins Wasser, weil dieser gerade noch rechtzeitig den Rückzug antrat und dafür den überschwenglichen Dank und die Anerkennung der Basis kassierte. Die hat - wohl entgegen großer Strategen - nicht vergessen, dass neben der Person auch die Reputation des Landtagsmandates und stellvertretenden Landrates in den kommenden vier Jahren auf dem Spiel steht, der unsere Stadt bei vielen Terminen und in Düsseldorf vertritt.
Bleibt zu hoffen, dass die vielen lobenden Worte für die Erfolge in der Ära Schmitz ebenso ehrlich gemeint waren, wie der artige Applaus für den Vortrag von Bürgermeister Heinz Paus für dessen Vortrag zur aktuellen politischen Lage, namentlich zu den Fortschritten beim Bau des Stadions und der Kammerspiele. Denn das Stadtoberhaupt kann Rückendeckung aus seiner Partei gut gebrauchen.
Vor allem die starke Neuhäuser Stadtteilfraktion um Markus Mertens, die aus Angst vor zu viel Verkehr auf Neuhäuser Seite und massiven Anwohnerprotesten bereits die Zurückstellung der Multi-Halle durchdrückte, rüttelt nun selbstbewusst am Stuhlbein des Bürgermeisters.
Hier muss Daniel Sieveke einschreiten und seine Feuertaufe bestehen, um die Bäume nicht in den Himmel wachsen zu lassen. Nichts würde der CDU mehr schaden , als wenn sie statt zwingend erforderliche Erfolge einzufahren in eine billige und zudem gefährliche Personaldebatte abgleitet.

Artikel vom 25.03.2006