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Haushaltsdebatte
wird zum Krimi

UWG sichert Mehrheit durch Enthaltungen

Von Julia Lüttmann
SpengeÊ (SN).Ê Die Abstimmung über den Hauhaltsplan wurde am Donnerstag im Stadtrat für die CDUÊ zurÊ Zitterpartie. Nachdem die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) angekündigt hatte, nicht zuzustimmen,Ê wennÊ sich keine Mehrheit für ihre Sparvorschläge finde Ê - Streitpunkt war der Zuschuss für das Freibad Lenzinghausen - Ê wurden die Mitglieder der größten Ratsfraktion nervös: Für eine MehrheitÊ benötigen die 13 CDU-Abgeordneten neben denÊ zwei Stimmen von daS und FDP auch die Stimmen der UWG.

Nach zwei Sitzungsunterbrechungen und einer düsteren Prognose des Kämmerers Heinz-Jürgen Finkemeyer, derÊ beiÊ einerÊ vorläufigen HaushaltsführungÊ die freiwilligen Leistungen sowieÊÊ die Mittel für die Neubauten der OGS, das Stadtarchiv, den Anbau am Feuerwehrgerätehaus Lenzinghausen und den Schulhof Lenzinghausen einfrieren müsste, gab die sichtlich enttäuschte UWG-Fraktion nach. Brigitte Kötter, Ralf Sieker und Anke Fuchs stimmten mit SPD und Grünen gegen den Haushaltsplan, Hans-Dieter Olbricht und Hans-Dieter Vordtriede enthielten sich und sicherten die bürgerliche Mehrheit.
Hauptstreitpunkt war das Freibad Lenzinghausen. ÊAußerdem hatte die UWG weitere Sparmaßnahmen beantragt:Ê Gestrichen werden sollten die Mittel für die mobile Bühne, die Beiträge an die Touristikgemeinschaft und die NWD, nicht erhöht werden sollen die Kosten für Fortbildung und die Unterhaltung der Anlagen und Grünflächen.Ê Mehrheiten für diese Anträge fanden sich nicht.
»Das Deckungsloch hat sich um eine Million Euro vergrößert«, bedauerte Bürgermeister Christian Manz. Ursächlich sei dafür nebenÊ der Einführung von Hartz IV (600 000 Euro Mehrbelastung) die Erhöhung der Kreisumlage (400 000 Euro).Ê »Wo soll Spenge eine Million Euro hernehmen?« ÊSparmaßnahmen auf Kosten der Bürger, zum Beispiel durch eine Erhöhung der Gebühren, kommen für Manz nicht in Frage. Auch bei den freiwilligen Leistungen wie unter anderemÊ beiÊ Bücherei, Bädern und Vereinen will er nicht sparen:Ê »Dann wird aus einer lebhaften Stadt eine Siedlung ohne Leben«, fürchtete er.Ê In seiner Rede verwies Manz zudem auf eine intakte Infrastruktur,Ê die Einrichtung der OGS, die Investition ins Torhaus und in die Straßen. Eine wichtige Entscheidung steht im Sommer an: »Mitte des Jahres müssen wir uns entscheiden, wie wir uns bei den E.ON-Anteilen positionieren wollen.«ÊÊ Die Finanzmisere begründete Rudi Kniffka (CDU) unter anderem mit den neuen finanziellen Anforderungen. Eine Möglichkeit, die Defizite aufzufangen, sah er nicht: »Wir werden es nicht schaffen,Ê soÊ lange die Finanzausstattung der Städte nicht erheblich verbessert wird.« Diese Feststellung sei nicht »Prinzip Hoffnung«, wies KniffkaÊ Kritik der SPD zurück, sondern eine realistische Einschätzung.Ê Ê
Mit »Gradlinigkeit und Verlässlichkeit« will die CDU ihre Politik fortsetzen. Das Festhalten an den freiwilligen Leistungen ist für Kniffa ebenso selbstverständlich wie der Erhalt des Freibades Lenzinghausen. Auch in Zeiten knapper Kassen gebe es gute Nachrichten: Es werdeÊ mit einer Investition von 270 000 Euro so viel Geld in die Sanierung der Straßen gesteckt, wie lange nicht.Ê Die Gebühren für Wasser, Abwasser und Abfall bleiben konstant. »Spenge ist für die Zukunft gerüstet«, erklärte der CDU-Fraktionschef.Ê ÊDeswegen forderte er auch SPD und Bündnisgrüne auf, zuzustimmen - »und wenn es nur darum geht, das Bad zu erhalten undÊ sich Spenge Ê weiter entwickeln zu lassen.«
»Bemerkenswert«, fand Hermann DieckmannÊ (SPD), dass die SPD in die Pflicht genommen werde, »weil die Mehrheit bröckelt«.Ê Er krisitierteÊ eine konzeptionslose Haushaltspolitik.Ê E.ON sei verfrühstückt, das Haushaltsloch werde mit Kassenkrediten gefüllt.Ê »Wir haben im Jahr 2009 einen formal ausgeglichenen Haushalt, aber unsereÊ Girokonto ist um 10,5 Millionen überzogen!«
Er appellierte an die CDU, Wirtschaftspolitik zu machen. Denn nur mit einer besseren Wirtschaftsförderung seienÊ die Einnahmen zu steigern und die Kosten für Hartz IV zu senken.Ê »Wir können nicht nur auf den Aufschwung hoffen, wir sind selbst gefordert.«
Konsolidierungsmaßnahmen seien nicht erkennbar, bemängelteÊ Dieckmann. Das beste Beispiel für verfehlte PolitikÊ ist für ihn die Umgestaltung des Lönsweges. Potenzial sieht Dieckmann in der Reduzierung von Investitionen und derÊ Verbesserung der Einnahmenseite: Zwar war seine Fraktion mit den Spaßmaßnahmen der UWG nicht einverstanden, die Fraktion habe jedoch die Zeichen der Zeit erkannt.Ê
UmÊ Kosten zu sparenÊ, beantragte die SPD ein Energiekostenmanagement,Ê etwas Geld soll die Erhöhung der Vergnügungssteuer in die Kassen spülen.ÊÊ »Wir sehen in diesem Haushalt keine Entwicklung, die Verschuldung herunterzufahren und den Haushalt zu konsolidieren«, bemängelte Angelika Fleischer (Bündnisgrüne). Die Fraktion will nicht warten, bis die Einnahmen steigen und setzte sich für die Einrichtung einer Sparkommission ein.
Die Bündnisgrünen lehnten den Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2006 ab, »weil wir nicht erkennen können, dass zielgerichtet und effizient gespart wird, ohne dabei Grundelemente wie Schulen, Kindergärten, den Erhalt städtischer Gebäude und der Straßen zu gefährden.«
Für eine realistische Herangehensweise an den Haushaltsplan plädierte am Donnerstag Brigitte Kötter (UWG): »Keine Miesmacherei, aber auch nichts beschönigen«. Die UWG fordert, die begonnenen Investitionsmaßnahmen zu Ende zu führen, befürwortet werden auch Investitionen in den Erhalt der Immobilien.
Sparen will die UWG bei der Toilettenanlage in der Großturnhalle, den Straßen im Baugebiet MWS/Niedermeier/Kinker und der Friedhofskapelle in Hücker-Aschen. »Verbesserungen auf der Einnahmeseite können durch die Ansiedlung von Industrie erzielt werden.« Begrüßt wird von der UWG, dass auf die Erhöhung der Hebesätze verzichtet werden soll. Auch zur Jugend- und Vereinsförderung steht die UWG.
Doch die freiwilligen Leistungen stellte die Fraktion auf den Prüfstand - denn in schwierigen Zeiten wie diesen müsse die Trennung von lieb gewonnen Gewohnheiten möglich sein.
»Wir haben viel für unsere Ortsteile getan«, verwies Friedhelm Hunting (daS) auf die Windmühle Hücker-Aschen, die Vereinszentren und die sanierten Schulen. »Doch kleinkariertes Sparen darf nicht dazu führen, dass bürgerschaftliches Engagement zerschlagen wird.«
»Seit Jahren fordert die FDP Sparmaßnahmen, im Grundsatz sind sich auch alle einig, dass wir das den Bürgern auch schuldig sind«, kommentierte Anne Lorenz (FDP). Doch es seien sich scheinbar nicht alle Poliktiker einig, wen sie mit »den Bürgern« meinen.
Für die UWG gehörten die Lenzinghauser nicht dazu, urteilte die Ratsfrau. Sie machte sich dafür stark, die Investitionen in die Friedhofskapelle, in die Straßen im Baugebiet MWS und in die Großsporthalle zu verschieben, doch sie sprach sich auch für eine Politik der »Verlässlicheit und der Ehrlichkeit« aus.

Artikel vom 25.03.2006