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Statt Vereinfachung
mehr Bürokratie

GAP-Antragsverfahren: Klagewelle befürchtet

Herford (pjs). Für die Landwirte sind die Grenzen der Bürokratisierung erreicht: Scharfe Kritik übten Kreislandwirt Werner Seeger und Kreisverbandsvorsitzender Wilhelm Brüggemeier bei einer Tagung im Schützenhof am komplizierten »GAP-Antragsverfahren«, mit dem sich die Bauern EU-Prämien und Zahlungsansprüche sichern müssen.

Fachleute der Landwirtschaftskammer und des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes informierten die 300 Teilnehmer der dreistündigen Veranstaltung in Herford am Mittwoch über Probleme und Lösungen im Zusammenhang mit Festsetzung und Handel von Zahlungsansprüchen: Details der Zuweisungsbescheide erläuterte Werner Weingarz, Geschäftsführer der Kreisstellen Minden-Lübbecke und Herford. Rechtliche Fragen der Übertragung von Zahlungsansprüchen beleuchtete Wolfgang Koch, der Geschäftsführer desd Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Herford und Bielefeld. Hinweise für die betriebswirtschaftliche Bewertung der Zahlungsansprüche gaben Wilhelm Bünermann (BSB-Buchstelle Herford) und Berater Stefan Berens.
Ein Ziel der Reform der »Gemeinsamen Agrarpolitik« (GAP) der Europäischen Union war ursprünglich die Verwaltungsvereinfachung: Entgegen den Erwartungen ist der Verwaltungsaufwand im zweiten Jahr nach dem Start der Reform aber sogar noch größer geworden, wie Seeger und Brüggemeier verärgert berichteten: »18 Tonnen Papier haben unsere Kammern im vergangenen Jahr an die Landwirte verschicken müssen - in diesem Jahr wird es kaum weniger sein«, befürchtet Seeger mit Blick auf das aufwändige Antragsverfahren mit einer »Flut« von Formularen, Feldlisten und Luftbildkarten. 80 Prozent der Prämienzahlungen seien im Dezember geleistet worden, der Rest wird bis spätestens Juni erwartet. Von kommender Woche an sollen die ersten Zuweisungsbescheide verschickt werden, kündigte Werner Weingarz an.
Kreisvorsitzender Wilhelm Brüggemeier sprach im Zusammenhang mit dem komplizierten Regelungswerk der EU-Agrarverwaltung gar von einer beispiellosen »Erbsenzählerei«, die zudem ein hohes Fehlerpotenzial aufweise. Ebenso wie Kreislandwirt Werner Seeger befürchtet Brüggemeier, dass zahlreiche Verfahren von den Gerichten geklärt werden müssen: »Die Gefahr ist groß, dass es hier zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten kommt.«
Unsicherheit bestehe vor allem über die möglichen juristischen und steuerlichen Folgen, wenn landwirtschaftliche Flächen weiterverpachtet oder auch zugeteilte Zahlungsansprüche an andere Betriebsinhaber verkauft werden.
Seeger dankte den Mitarbeitern der Landwirtschaftskammer, die unverzichtbare Beratungshilfe bei der Bewältigung des komplizierten Regelwerks leisteten.

Artikel vom 25.03.2006