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Große Pläne mit Haus
Helling und Tankstelle

Haldemer Servicehaus GmbH investiert hohe Summe

Von Dieter Wehbrink
Haldem (WB). Bedeutende Investitionen tätigt das neu gegründete Unternehmen »Service-Haus GmbH« auf dem ehemaligen Tankstellengelände an Haldemer Straße 10 und in der früheren Gaststätte Helling. Die Firma, die von Lothar Pannen (Heilpädagogisches Kinderhaus) und dem Mitinvestor Hans Boley geleitet wird, hat beide Objekte gekauft.

So schnell wie möglich soll das alte Werkstatt-Gebäude abgerissen werden und einem 397 Quadratmeter großem Neubau weichen. »Dort entsteht ein Tankstellenbetrieb mit Waschanlage und einem deutlich erweitertem Sortiment«, sagte Lothar Pannen. »Einweihung ist etwa im Mai 2007.« Das Ungewöhnliche an der neuen Einrichtung: Neben dem Fachpersonal werden gezielt Jugendliche beschäftigt, die aus sehr problematischen Familienverhältnissen kommen und deshalb in den Heilpädagogischen Kinderhäusern in Stemwede untergebracht sind. Für das Tankstellen- und Ladenprojekt konnte eine sehr bekannte Handelskette aus Ostfriesland als Partner gewonnen werden.
Wohnen sollen die Jugendlichen im Haus Helling, das für diese Zwecke umgebaut wird. Dort kümmert sich ein Sozialpädagoge um die neuen Bewohner.
Seit zehn Jahren leben in Pannens Heilpädagogischen Einrichtungen Kinder und Jugendliche, die von erfahrenem Fachpersonal - unter anderem Pädagogen und Psychologen - betreut werden. »Mit vier Kindern haben wir angefangen. Jetzt sind es 54«, erzählt Lothar Pannen. Er stellt aber klar: »Mehr sollen es trotz der neuen Investitionen auf keinen Fall werden.«
Die Idee zu diesem Projekt, bei dem auch der Haldemer Jürgen Frieten wertvolle Anregungen gab, entstand aus der zehnjährigen Erfahrung Pannens heraus. »Bei uns im Kinderhaus ist besonders auffällig, dass die Familien von mindestens 15 Kindern bereits in dritter Generation stationäre Jugendhilfe erhalten. »Zudem beobachten wir, dass immer mehr Kinder zu uns kommen, deren Mütter oder Väter - in Ausnahmefällen sogar beide - schwer psychisch verändert sind.«
Dies führe auch dazu, dass die Jugendlichen nach dem Auslaufen der Jugendhilfemaßnahmen keinen Halt hätten und in ein »tiefes Loch« fallen würden: »Sie haben trotz eines Schulabschlusses und Hilfe seitens des Jugendamtes nur geringe Chancen, auf dem herkömmlichen Arbeitsmarkt ihre persönliche Situation zu verbessern. Sie fallen wieder in ihre alte soziale Schicht zurück und entwickeln sich zu einem kostenintensiven Jugendhilfe- oder Sozialfall, wenn sie ihrerseits Kinder bekommen.« Hier setzt Lothar Pannens Idee vom Servicehaus an: »Ich will die Ursachen dieser Fehlentwicklung bekämpfen und die Wiederholungen durchbrechen.«
Das Projekt »Tankstelle mit erweitertem Sortiment« soll Jugendliche beschäftigen, die - etwa durch den Ludwig-Steil-Hof in Espelkamp - bereits eine gewisse Vorbildung erhalten haben. Sie kommen in Haldem auf dem Tankstellengelände, im Verkaufsladen, im Stehcafé, in der geplanten Fahrradwerkstatt und in der Autowaschhalle zum Einsatz. Auch ein Service-Betrieb, der derzeit noch ausschließlich für das Heilpädagogische Kinderhaus arbeitet, wird dort angesiedelt. »Jeweils einem Handwerker wird ein Jugendlicher zugeteilt. Die Fachleute rekrutieren wir aus dem Ort - es sind oft Menschen, die selbst arbeitslos waren«, so Pannen. »Die Bereiche Maler, Elektriker, Tischler sowie Landwirt/Mechaniker sind bereits abgedeckt. Alle Bürger können dem Servicebereich künftig anfordern«.
Die Jugendlichen arbeiten etwa zwei bis drei Jahre lang und erhalten dann ein Arbeitszeugnis vom Servicehaus. »Das verbessert ihre Chancen, auf dem freien Arbeitsmarkt eine Beschäftigung zu finden«, ist der Haldemer überzeugt. Ermutigt wurde Lothar Pannen durch Musterprojekte in Schweden oder Kanada, über die er sich vor Ort informiert hat. »Sehr hoffnungsvoll stimmt uns auch ein Eigenversuch. Einer unserer Jugendlichen erlernt zurzeit einen Beruf in der Hotel- und Restaurantbranche. Wir haben ihn unentgeltlich begleitet und sind sehr angetan vom Erfolg. Dieser Jugendliche soll das öffentliche Bistro führen, das wir im Haus Helling planen.« (siehe Bericht auf dieser Seite).

Artikel vom 22.03.2006