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Der Mythos von Le Mans

Nachbau des Ford GT 40: Auch als Unfallwagen wie »Goldstaub«

Von Monika Schönfeld
(Text und Fotos)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). »Das, was ich hier habe, ist Goldstaub.« In Henrik Lummers Halle, An der Heller, steht der Nachbau eines Mythos: Eine Replik des Sportwagen-Klassikers GT 40. Sie kam vergangenes Jahr in einer Stückzahl von 101 - alle von Hand gebaut - auf den Markt.

Die Rarität mit modernem V8-Motor, 5,4 Liter Hubraum und geschmeidigen 550 PS hat einen kleinen Schönheitsfehler - sein Berliner Besitzer ist mit dem linken Vorderrad vor einen Baum gefahren. Da der Motor hinter der Hinterachse liegt, hat sich die leichte Front aus Kunststoff und Aluminium stark verzogen.
Durch den Schaden wird das gute Stück, Grundpreis 177 000 Euro, keinen Cent weniger wert. Ein Sachverständiger hat den Unfallwagen begutachtet. Henrik Lummer will ihn nach Erhalt des Gutachtens wieder aufbauen lassen - schließlich steht auch eins der 1086 Originale in der Straßenversion aus den 60-er Jahren in Schloß Holte-Stukenbrock. Der Besitzer, dem auch das Unfallauto gehört, lässt es hier von einem Fachmann für historische Rennwagen aufbauen. Er will damit auf den Rennstrecken der Welt Vollgas geben. Wartung und notwendige Reparaturen werden danach erneut vom Spezialisten in Schloß Holte-Stukenbrock erledigt.
Der Mythos des Ford GT 40 liegt in seiner Geschichte. Ford wollte seinerzeit Ferrari kaufen, blitzte aber ab. Um den störrischen Rennwagenbauer zu ärgern, ließ Henry Ford II. bei den Ford-Werken in England einen eigenen Rennwagen bauen. Im Juni 1966 erfüllt sich der Traum. Nach 24 Stunden Hetzjagd landet Ford GT einen Dreifach-Sieg in Le Mans. Auch die drei Folgejahre heißt der Sieger des 24-Stunden-Rennens von Le Mans Ford GT 40. Zum 100-jährigen Bestehen von Ford Automobile hat das Unternehmen ein Revival-Fahrzeug gebaut - eine Gourmet-Version, sorgfältig von Hand gebaut von jeweils zwei Spezialisten, die sich mit ihrer Unterschrift auf einer Plakette verewigt haben.
Deutschland hat ein Kontingent von 14 GT-Repliken erhalten. »Ich habe mich auch um einen beworben - hatte aber keine Chance«, sagt Henrik Lummer und strahlt jetzt über den Unfallwagen. Die Preise steigen nämlich - Seltenes ist begehrt. 290 000 Euro sind für eins der Nachbauten schon geboten worden.
Im ersten Gang kommt der Nachbau auf 100 Stundenkilometer - in 3,9 Sekunden. Die 550 PS reichen für eine Höchstgeschwindigkeit von 330. Der Siebenliter-Großvater hatte noch vier Gänge, für das heutige Getriebe reicht das nicht. Das Sechsgang-Aggregat stammt von Ricardo, das mit einem Kurzknüppel auf der Mittelkonsole geschaltet wird. Auch sonst ist der Nachbau umgänglicher als das Original. Er ist um zehn Prozent gewachsen. Heute könnte auch Dan Guerney, der in seinen Le-Mans-Renner nur dank einer Beule im Dach Platz hatte, bequem im GT sitzen. Wie das Original hat der Mythos-Nachbau bequeme, belüftete Sitze und sogar zwei Airbags.

Artikel vom 22.03.2006