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Bienen in der Warteschleife

Wärme fehlt: Startprobleme beim »Reinigungsflug«


Von Helga Ruß (Text und Foto)
Herford (HK). Wann wird es endlich Frühling? Wenn das Wetter in den nächsten Tagen nicht wenigstens mit zwölf Grad Wärme aufwartet, ist das für uns Menschen sehr unbehaglich; für die Bienenvölker in unserem Lande aber bedeutet es eine regelrechte Existenzbedrohung - und für den Berufs-Imker möglicherweise eine finanzielle Katastrophe.
Seit Mitte November sitzen die Bienen in ihren Kästen fest und können nicht zum dringend notwendigen Reinigungsflug ausfliegen. »Die Bienen«, erklärt der Herforder Imkermeister Thomas Büter, »sind sehr reinliche Tiere, die ihren Stock nicht beschmutzen. Sie sammeln ihre Stoffwechsel-Endprodukte in ihrer Kotblase, die nun nach vier Monaten randvoll ist und außerhalb des Stocks dringend entleert werden müsste.« Diesen Reinigungsflug aber können die Bienen bei den derzeit niedrigen Temperaturen nicht antreten, denn sie sind wechselwarme Tiere, die keine eigene Wärme erzeugen und eine gewisse Umgebungstemperatur benötigen. Auch wenn sie jetzt bei ein paar warmen Sonnenstrahlen ausfliegen, laufen sie Gefahr zu verklammen, zu verkühlen, sobald sie sich im kalten Schatten absetzen. Aus eigener Kraft können sie dann nicht mehr hochfliegen und verenden.
Verständlich, dass Büter täglich auf das Thermometer schaut. »Mindestens zwei bis drei Tage mit zwölf Grad Wärme sind notwendig, damit die Bienen ausfliegen, am besten noch in dieser Woche. Denn bis maximal 25. März, so die Faustregel, halten die Bienenvölker noch durch, dann laufen sie Gefahr, durch ihren eigenen Kot im Stock zu verenden.«
Keine schönen Aussichten für einen Berufs-Imker, der 150 Bienenvölker im ganzen Kreis Herford platziert hat. »Hinzu kommt, dass durch den extrem langen Winter auch die Natur verzögert anspringt und den Nektar zu spät liefert. Die Weiden, deren Nektar die neue Brut dringend braucht, hätten eigentlich schon seit 14 Tagen blühen müssen.« Fazit: Die Nahrung für die Bienen, so sie denn überleben, wird knapp und damit auch der Honig. »Einen so langen Winter, der die Existenz der Bienenvölker gefährdet, habe ich in meiner 15-jährigen Selbständigkeit noch nicht erlebt. Das wird ein teures Jahr. Vielleicht drehen wir sogar eine Nullrunde. Alles hängt vom Wetter der kommenden Tage ab.«
Doch er steht mit diesem Problem nicht allein da. Auch die Landwirtschaft erleidet Einbußen durch den langen, kalten Winter.

Artikel vom 22.03.2006