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Ohne Gage am
Drehort Etteln

Student arbeitet mit Film-Profis

Von Manfred Stienecke
(Text und Foto)
Kreis Paderborn (WV). Mit Udo Schenk und Tamara Rohloff stehen zwei vor allem aus dem Fernsehen bekannte Schauspieler in dieser Woche im Kreis Paderborn vor der Kamera.

Noch bis zum Samstag wird in Etteln und Hegensdorf ein 25-minütiger Kurzfilm gedreht - die Abschlussarbeit des Paderborner Filmhochschul-Studenten Ralf Stadler (32). Mit dem Kurz-Thriller »Der Sturm« möchte der gelernte Buchhändler sein Diplom abschließen und künftig als freier Regisseur am liebsten mit einer eigenen Filmproduktion tätig sein.
»Das Thema meines Films beschäftigt mich seit rund 15 Jahren«, erzählt Stadler. »Als Jugendlicher habe ich bereits eine entsprechende Kurgeschichte à la Stephen King geschrieben. Die habe ich jetzt psycholgisch gebrochen.« In seinem »kafkaesk angehauchten Psychodrama« geht es um einen Mann (Udo Schenk), der nach einer unbestimmten Katastrophe verängstigt in einem verwahrlosten Haus vegetiert und ahnt, dass das unheimliche Grauen über ihm auf dem Dachboden haust.
Produktionsleiter Achim Ploschke, der an der Universität Paderborn gerade sein Studium der Medienwissenschaften abgeschlossen hat, half bei der Suche nach einem geeigneten Drehort. »Den richtigen Tipp habe ich beim Frisör bekommen«, schmunzelt er. Dennoch habe man das jetzt ausgewählte Bauernhaus in der Straße »Zur Kapelle« in Etteln eher zufällig entdeckt. Die Eigentümerfamilie Sauerland habe sich sofort sehr kooperativ gezeigt und ihr Grundstück kostenlos zur Verfügung gestellt.
In einem verlassenen Teil des Hofes haben Stadler und sein Team innerhalb von zwei Wochen ein Haus rekonstruiert, das Jahre nach der angenommenen Katastrophe nicht mehr bewohnt gewesen ist. Hier findet sich der Hauptdarsteller wieder - inmitten von völlig verstaubten Möbeln, abgerissenen und verschimmelten Tapeten und wuchernden Efeuranken.
Die Drehpausen verbringen die Darsteller in einem zugigen Zelt. Normalerweise ist Tamara Rohloff andere Bedingungen gewohnt. Doch für die Mitwirkung in dem Examensprojekt des Paderborner Studenten verzichtet sie ebenso wie der gefragte TV-Darsteller Udo Schenk sogar auf eine Gage. »Ich habe sofort gemerkt, dass ich es mit jemandem zu tun habe, der begeistert von seinem Projekt ist und der ganz genau weiß, was er will«, begründet sie ihre Mitarbeit. »Eine derartige Rolle würde ich im deutschen Fernsehen wahrscheinlich nicht angeboten bekommen. Und es ist schön, dass es hier nicht um Einschaltquoten geht.«
Die wird Stadler auch wohl kaum bekommen. »Für Kurzfilme gibt es keine Vermarktungschancen«, weiß er. Er hofft für seinen Film, der immerhin 12 000 Euro Produktionskosten verursacht und im August in Paderborn seine Premiere erleben soll, auf Teilnahmen an diversen deutschen und internationalen Festivals.
Mit Tamara Rohloff und Udo Schenk konnte er seine Traumbesetzung realisieren. »Ich liebe meinen Beruf. Da gibt man gern etwas zurück«, honoriert Schenk die Risikobereitschaft des Jungregisseurs. »Es macht einfach Spaß, mit Menschen zu arbeiten, die hochmotiviert sind.« Die ihm angebotene Rolle habe ihn gleich gereizt: »Hier geht es um Merkwürdigkeiten, die man nicht sofort begreift«, sieht er im »Sturm« eine Herausforderung, die so ganz anders ist als in der TV-Durchschnittsware. Und noch etwas weiß er in Etteln zu schätzen: »Man spürt, dass man als erfahrener Schauspieler gebraucht wird.«

Artikel vom 22.03.2006