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Punktlandung im Fettnapf

Till Hoheneder hätte größeres Publikum verdient gehabt


Bünde (jp). Ein ausgeprägter Drang zur Selbstüberschätzung gepaart mit dem Talent für die punktgenaue Ladung in jedem nur erdenklichen Fettnäpfchen: In seinem neun Programm »Herrencreme«, das Till Hoheneder den Besuchern des Universums mitgebracht hatte, präsentiert sich der in Hamm lebende Comedian mit Charakter als eine abstruse Mischung aus Dieter Bohlen und Chaosheimwerker Tim Taylor.
Er kann es, er ist es. Till Hoheneder ist ein Spezialist in allen Bereichen. Auf dem Höhepunkt der Midlifecrisis angekommen, ließ Hoheneder, mit Selbstbewusstsein überladen, flankiert durch seine Frau - auch die »Königin von Saba« genannt - keinen Zweifel an seiner schier endlosen Kompetenz aufkommen. Auch durch kleine Rückschläge, wie dem vernichtenden Gesundheitszeugnis seines Hausarztes (»Mit solchen Lappen wie dir habe ich früher den Boden gewischt«) lässt sich der Vater mit Routine nicht beirren. Immer Herr der Lage analysiert er seine Schwächen und behebt sie mit Leichtigkeit. Ein Fitnessprogramm für echte Männer sollte Abhilfe schaffen. Wenn es nicht läuft, sind natürlich die anderen schuld. Wer sollte auch ahnen, dass Bowling nicht mit den Füßen gespielt wird. Jogging für das 40-jährige Gebein? Nein danke! Auch das Schwimmbad war nicht richtig: »Da wünscht man sich ein optisches Storno nach dem anderen«, kommentierte Till seinen ersten und letzten Besuch im städtischen Freibad. Auch wenn die Pläne zum Astralkörper schnell aufgegeben wurden - Model für Haarwuchsmittel ist auch ein ehrenwertes Hobby - kam Hohenender zumindest auf komödiantischer Ebene langsam in Form. Anfangs wohl geschockt vom ziemlich leeren Universum zeigte Hoheneder zumindest im zweiten Teil Hochleistungscomedy der Extraklasse.
Absolute Spitzenklasse seine Parodie auf Alfred Biolek und die Abrechnung mit der »Deutschland sucht den Superstar Generation«. Hoheneder als Mick Jagger, Herbert Grönemeyer und Joe Cocker, begutachtet von den Juroren Rudi Carell, Dieter Bohlen und Marcel Reich-Ranicki: einfach zum Schreien komisch.
Der tosende Applaus am Ende zeigte: Nicht nur bei Til Hoheneders Frau hatte »der liebe Gott alles in der Aufpreisliste angekreuzt«, auch bei Hoheneder selbst wurde mit einer luxuriösen Sonderaustattung an treffenden Pointen und Satiretalent absolut nicht gespart.

Artikel vom 21.03.2006