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Klaviervirtuose erntet stürmischen Beifall

Brillantes Konzert vor mehr als 300 Zuhörern im Theater im Park

Von Wilhelm Friedemann
(Text und Foto)
Bad Oeynhausen (WB). Nicht Robert Schumanns berühmte »Frühlingssymphonie« stand bei den winterlichen Temperaturen auf dem Programm der Nordwestdeutschen Philharmonie, sondern seine zweite Symphonie in C-Dur und die »Manfred«-Ouvertüre.

Beide Werke umrahmten das dritte Klavierkonzert von Sergej Prokofjew. Der italienische Klaviervirtuose Fabio Bidini riss die 300 Zuhörer im Theater im Park zu Begeisterungsstürmen hin.
Sergej Prokofjews 1921 entstandenes drittes von fünf Klavierkonzerten ist wohl sein populärstes. Volksliedhafte und burleske Melodien hat der gerade 30-jährige Komponist hier verarbeitet. Nichtsdestotrotz besticht das Werk durch rasante Läufe im Orchestersatz und virtuose Ansprüche an den Solisten. Kraftvoll und unter vollem Körpereinsatz begann Fabio Bidini die energische Solistenpartie im ersten Satz. Die technische Brillanz und das makellose Spiel Bidinis entlockten dem Dirigenten Daniel Klajner bereits nach dem ersten Satz lobende Anerkennung.
Im zweiten Satz, der zu den schönsten und stimmungsvollsten Einfällen des Komponisten gehört, entwickelt sich aus einem einfachen Thema schnell ein kompliziertes Variationengeflecht. Crescendierende Steigerungen in Doppeloktaven und rasend schnelle gebrochene Akkorde über die gesamte Klaviatur im Finalsatz verlangen vom Solisten höchste Präzision. Für manche rasanten Passagen war sogar die Wahrnehmung des menschlichen Auges zu träge. Fabio Bidinis atemberaubende Technik ließ ihn souverän mit dem Notentext umgehen und auch ungewohnt lyrische Passagen des Klavierkonzerts hervortreten.
Hinzu kam eine wunderbar bewegliche Nordwestdeutsche Philharmonie, die von Daniel Klajner ideal mit Spiel des Solisten zusammengeführt wurde. Der begeisterte Applaus des Publikums entlockte Bidini eine solistische Zugabe.
Im Schatten dieses großartig interpretierten Konzertes standen freilich die beiden Schumann-Werke. Aus »Manfred - ein dramatisches Gedicht mit Musik« ist im heutigen Konzertleben lediglich die Ouvertüre übrig geblieben Und auch Schumann selbst führte vor Liszts Leitung des Gesamtwerkes 1852 die Ouvertüre mit Erfolg im Leipziger Gewandhaus auf.
Daniel Klajner nahm nach der Konsolidierung der bedrohlichen Grundstimmung das Tempo sehr rasch und sorgte für dramatische Momente. Trotz des hohen Tempos blieben die filigranen Streicherfiguren transparent.
Ein zügiges Grundtempo legte Klajner auch in die C-Dur-Symphonie. Die Komposition zeichnen große Geschlossenheit und ein reiches motivisch-thematisches Beziehungsnetz aus. Schumann schrieb seine zweite Symphonie im Dezember 1845 »noch halb krank, mir ist's, als müsste man ihr dies anhören«. Schumanns Beschäftigung mit Bach, Mozart und Beethoven standen Pate für diese symphonische Arbeit.
Spannend, ja bisweilen dramatisch gelang auch die Interpretation durch die Nordwestdeutsche Philharmonie, wenngleich viele Motive einer gründlicheren Ausleuchtung bedurft hätten. So gingen durch Klajners romantisches Dirigat der großen Bögen kleine Spannungsmomente, von denen das Werk auch lebt, verloren.

Artikel vom 18.03.2006