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Trainer spricht von Grottenkick

Harmlose Bielefelder Arminia unterliegt bei Hertha BSC mit 0:1 (0:0)

Von Hans Peter Tipp
Berlin (WB). Ein Hauch von Melancholie liegt dieser Tage über Berlin. Gestern wehte er von der grandiosen Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie in der Nähe des Potsdamer Platzes mal wieder herüber in den Westen der Stadt, ins Olympiastadion. Nach dem 1:0 (0:0) des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC gegen Arminia Bielefeld beschlichen die Gedanken von Vergänglichkeit und Sehnsucht jedoch in erster Linie den DSC Arminia Bielefeld.

Wieder einmal versäumten es die Ostwestfalen, einen vorangegangenen Erfolg auf eigenem Platz eine Woche danach in der Fremde zu bestätigen, oder wie es Torwart und Kapitän Mathias Hain gern ausdrückt, »zu vergolden«. Statt dessen leisteten sie tatkräftige Beihilfe, denn dem entscheidenden Treffer von Marko Pantelic (61.) ging ein kapitaler Fehlpass von Bernd Korzynietz voraus.
»Da war die Tribüne näher als der Gegenspieler«, schimpfte Trainer Thomas von Heesen über den Querpass-Aussetzer seines ansonsten so zuverlässigen Rechtsverteidigers: »Ich erwarte einfach von meinen Spielern, dass sie in einer solchen Situation ruhiger und abgeklärter agieren.«
Vor halb leeren Rängen im Olympiastadion setzten beide Trainer auf jene Formationen, die vor einer Woche erfolgreich gewesen waren. Thomas von Heesen verwarf die angedachte Variante mit Radim Kucera als zusätzlicher Kraft im defensiven Mittelfeld. Falko Götz konnte auf den Bad Oeynhausener Arne Friedrich zurückgreifen, der freitags noch mit dem Fuß umgeknickt war. Doch weder die Berliner noch die Bielefelder hatten den Schwung der Vorwoche mitgenommen.
Für eine der wenigen kritischen Situationen vor der Pause sorgte DSC-Keeper Mathias Hain schon nach vier Minuten. Nach einem weiten Schlag von Gilberto zögerte der bereits außerhalb des Strafraums wartende Hain unentschlossen mit dem Eingreifen, so dass Marcelinho einen - allerdings unkontrollierten - Heber Richtung DSC-Tor schicken konnte, jedoch nebenher.
Bielefeld kam nur einmal gefährlich in den Berliner Strafraum, dabei sorgte der nicht ganz regelgerechte Armeinsatz des Verteidigers Malik Fathi gegen Sibusiso Zuma (16.) unter den Arminia-Fans für Diskussionen. Der Elfmeterpfiff blieb aus.
Ansonsten sahen 32 656 Zuschauer ein langweiliges Spiel ohne Höhepunkte. Auffällig war lange allein die Vielfalt der misslungenen Aktionen. So blieb das Geschehen belanglos, weil Arminia nach vorn überhaupt nicht gefährlich und Berlin zu unentschlossen wie Bastürk (34.) oder zu umständlich wie Marcelinho (35.) agierte. Aktivster Berliner war meistens Trainer Falko Götz, der den Bewegungsraum in seiner Coachingzone ausnutzte und laut gestikulierend seine Stürmer Pantelic und Marcelinho aufforderte, aggressiver das Bielefelder Aufbauspiel zu stören.
Es war Thomas von Heesen, der mit Beginn der zweiten Halbzeit das Spiel belebte. Mit Roberto Pinto für Marco Küntzel und David Kobylik für den enttäuschenden Radomir Dalovic brachte er zwei neue Flügel, die zunächst auch für Schwung sorgten. Doch der Elan verpuffte, und der Mut der Gäste wurde nicht belohnt. Statt dessen durften sich die Hausherren über die unerwartete Führung freuen. Ein kapitaler Fehlpass von Bernd Korzynietz vor dem eigenen Strafraum leitete die entscheidende Szene ein. Sein Diagonalpass landete bei Sofian Chahed, der den Ball ohne langes Überlegen in den Strafraum kickte. Dort war die Bielefelder Verteidigung überrascht, Korzynietz kam natürlich zu spät, so dass Marko Pantelic mit seinem siebten Saisontreffer den Berliner Erfolg sicherte.
»Jetzt müssen wir gegen Nürnberg wieder einmal nachlegen. Aber genau das erwarte ich von meiner Mannschaft auch«, meinte Thomas von Heesen, der insgesamt von einem »echten Grottenkick« in Berlin sprach.

Artikel vom 20.03.2006