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»Zeugnis« auch
für die Schule

Pilotprojekt am Helene-Weber-Kolleg

Von Bernhard Liedmann
(Text und Foto)
Kreis Paderborn (WV). Demnächst bekommen nicht nur die Schüler ein Zeugnis. Als Pilotprojekt wird in wenigen Monaten auch das Helene-Weber-Berufskolleg in Paderborn ein »Note« dafür bekommen, wie hier gearbeitet, gelehrt und gelernt wird. Auf »Herz und Nieren« erfolgt zunächst aber ein Schul-Check durch Inspektoren, bei dem die Fehlzeiten von Lehrern ebenso berücksichtigt werden wie die räumliche und technische Ausstattung sowie die Versetzungsquoten.

»Wir sind gut aufgestellt«, ist sich Schulleiter Andreas Czorny über ein gutes Abschneiden in der laufenden Untersuchung sicher, die landesweit für alle Schulen ab 2006/2007 durchgeführt werden soll. Im Kreis Paderborn ist das Kolleg die erste Schule, die derartig intensiv unter die Lupe genommen wird.
In den vergangenen Wochen musste das Kolleg mit derzeit 1692 Schülern und 83 Lehrern einen umfangreichen statistischen Einblick in das Innenleben zulassen: Das Abschneiden der Schüler, räumliche Situation in und um die Schule, Fehlzeiten von Lehrern und Schülern, Migrantensituation, Teilnahme an Wettbewerben oder Konzeptionen waren dabei nur einige Aspekte der Qualitätsanalyse im ersten Schritt. Kurz vor Ostern werden die Inspektoren die Schule selbst aufsuchen und sich vor Ort ein Bild machen. Im Gegensatz zum Besuch eines Schulrates in früheren Zeiten, so auch Oberstudienrat Ewald Beckmann, geht es dann aber nicht nur um die fachliche Seite des Unterrichts. Vom Hausmeister über Sozailarbeiter und Sekretärin bis zu Elternvertretern und Schülern muss sich das Kolleg einem anonymen Fragebogenkatalog stellen, der in die abschließende Bewertung einfließt. Zum Abschluss gibt es dann ein »Zeugnis« für die Einrichtung, das regelmäßig wieder auf den Prüfstand wie beim TÜV steht.
Noch härter: Das Helene-Weber-Kolleg muss sich einem direkten Vergleich mit einem anderen Kolleg stellen, bei dem die gleiche Untersuchung läuft.
Der umfangreiche Qualitätsanalyse sieht das Paderborner Kolleg derzeit eher entspannt entgegen. Viele Prüfungsergebnisse liegen über dem Landesdurchschnitt, bei zahlreichen Wettbewerben beispielsweise der Fleischer oder Bäcker liege man vorn, so Czorny und Beckmann. Ehrliche »Rankings« sicherten angesichts bald sinkender Schülerzahlen und damit steigender Konkurrenz auch den Erhalt der Schule. Betriebe könnten schließlich ihre Lehrlinge woanders hinschicken, Nachwuchslehrer haben so eine deutliche Bewertungsgrundlage über ihren künftigen »Arbeitgeber«.
Letztlich ist die Qualitätsanalyse ein weiterer Schritt zur zunehmenden Selbstständigkeit. Bei gutem Abschneiden »springe« vielleicht mehr Selbstverwaltung heraus oder noch mehr Selbstbestimmung bei der Auswahl des eigenen Kollegiums.

Artikel vom 18.03.2006