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Gütersloher Firmen:
Falsche Rechnungen

Heute Folge fünf der WESTFALEN-BLATT-Serie

Gütersloh (WB). Mit der Erhebung der Anklage gegen den ehemaligen Gütersloher Rechtsanwalt und Berufsbetreuer Olaf O. sind umfangreiche Ermittlungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft zu Ende gegangen. Dieser Fall hat die Öffentlichkeit sehr bewegt. Das WESTFALEN-BLATT zeichnet diesen spektakulären Kriminalfall in einer Serie nach. Der 43-jährige O. wird - wie mehrfach berichtet - beschuldigt, hilfsbedürftige Menschen um einen Millionenbetrag betrogen zu haben. Heute: Folge 5.

Ein bekanntes Gütersloher Autohaus hatte im Januar 2003 eine Rechnung über knapp 7700 Euro ausgestellt. Empfänger dieser Rechnung war der Betreute Hans-Werner F. aus Isselhorst, der angeblich Ersatzteile für einen Range Rover gekauft hatte. In Wahrheit besaß F. jedoch gar kein Auto - das Fahrzeug gehörte dem Ex-Rechtsanwalt Olaf O., der die Rechnungsanschrift einfach ändern ließ und die Summe dann vom Konto des Betreuten F. beglich.
Diese Masche soll O. noch mehrmals angewandt haben. So schrieb ein Gütersloher Brennstoffvertrieb im Februar 2004 eine Rechnung auf den Namen eines weiteren Betreuten (Wolfgang U.) in Höhe von rund 2600 Euro um, obwohl die Öllieferung zu O.'s Privathaus gegangen war. Ein paar Monate später lieferte das gleiche Brennstoff-Unternehmen dem Betreuten U. Heizöl im Wert von etwa 1200 Euro. Dann beauftragte O. den Lieferanten, die Summe auf der Rechnung mehr als zu verdoppeln, was auch durchgeführt wurde.
Diese »Spielchen« gingen munter weiter. Ein heimischer Edel-Einrichter stellte falsche Rechnungen über erbrachte Dienstleistungen sowie Möbel- und Einrichtungsgegenstände aus, obwohl die Leistungen und die Warenlieferungen an O. gingen. Die Beträge sind nicht unerheblich: So wurde die Betreute Elfriede L. um fast 10 000 Euro gebracht, in einem anderen Fall (Eva W.) wurden mit einer falschen Rechnung 4600 Euro abgebucht.
Weitere, teilweise bekannte Gütersloher Firmen arbeiteten in den vergangenen Jahren mit dem damaligen Berufsbetreuer und Juristen eng zusammen. Die Polizei stellte während ihrer intensiven Ermittlungen mehrere manipulierte Rechnungskopien bei Hausdurchsuchungen sicher. Ein Malerbetrieb, ein Bauelementeunternehmen (beide in Güterslohs Innenstadt ansässig) und ein weiteres, exklusives Autohaus aus Bielefeld fertigten Rechnungen für Betreute, aber zugunsten O.'s.
Eine weitere Strategie, um an das Vermögen seiner ihm anvertrauten Menschen zu gelangen, war die der blanko unterschriebenen Quittungsblöcke. Rudolf P., der mittlerweile in einem Altenheim in Oerlinghausen lebt, sagte dem WESTFALEN-BLATT, dass er mehrmals Bargeld-Quittungen im voraus unterschreiben musste. Auf die Frage, warum das denn notwendig sei, habe O. geantwortet: »Das ist schon so in Ordnung.«
Für angeblich angerichtete Schäden seiner Betreuten, sogar für Bordellbesuche eines Mandanten buchte O. die Beträge von den Konten, über die er als Betreuer Vollmacht hatte, immer wieder ab. Sein privates Guthaben wuchs, sein Anwesen zwischen Gütersloh und Harsewinkel wurde luxuriöser, aber die Vermögen der Menschen, die er beaufsichtigen sollte, wurden weniger oder wurden restlos aufgebraucht. Sparkassenbriefe und Zertifikate verschwanden und Pflegeleistungen wurden doppelt oder falsch abgerechnet. O. ließ Schadensregulierungen durchführen, obwohl es Schäden nie gegeben hatte. Einmal, so O. in seiner Begründung beim Amtsgericht, soll der Betreute Vinzenz W. im alkoholisierten Zustand einen Sachschaden in Höhe von 16 000 Euro angerichtet haben. Auch das das soll nicht zutreffend gewesen sein.
Nächste Folge am Samstag, 25. März: Wie O. mit den Behörden zusammengearbeitet hat.

Artikel vom 18.03.2006