18.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Gegenseitige Rücksichtnahme üben«

Rauchfreie Zonen stellen Gastronomie und öffentliche Einrichtungen vor Probleme

Von Astrid Pinske (Text)
und Moritz Winde (Foto)
Löhne (LZ). Fünf EU-Länder haben es: Ein gesetzliches Rauchverbot in der Gastronomie, das vor Passivrauchen schützen soll. Die Bundesregierung hingegen setzt zunächst auf ein Abkommen mit der Dehoga (siehe Infokasten). Die LÖHNER ZEITUNG hat bei Wirten und Verwaltung nachgefragt, wie sie Wünschen nach rauchfreien Zonen begegnen.

»Die Menschen kommen zum Essen und zur Geselligkeit zu uns, daher sind wir glücklicherweise nicht so betroffen, als wenn wir vom reinen Thekenbereich leben würden«, sagt Una Margenberg vom Becker Krug. Bisher platziert sie einzig im Restaurant keine Aschenbecher mehr, stellt diese auf Anfrage aber zur Verfügung. »Die Gäste haben großes Verständnis - und sie rauchen seither tatsächlich weniger.« Im Becker Krug wird auf einen »sanften Übergang« gesetzt, irgendwann sollen kleine Schilder auf Nichtraucher-Plätze hinweisen. »Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, dass unsere Gäste gegenseitig Toleranz, Rücksicht und Selbstdisziplin üben.«
Negatives hat auch Christoph Knicker bislang nicht erfahren. Einige Hotelzimmer hat der Inhaber der Dorfstuben für Nichtraucher reserviert, »bei geschlossenen Veranstaltungen müssen das die Gäste unter sich ausmachen«. In der Gaststube sind zwar einige Tische Nichtrauchern vorbehalten, aber einen wirklichen Schutz sieht er nur über räumliche Trennung. »Langfristig sehe ich ein Rauchverbot kommen.« Diese Entwicklung sei seinen Gästen bewusst.
Einer praktikablen Trennung in kleineren Häusern steht auch Jörg Hersemann sehr skeptisch gegenüber. Der Betriebsleiter des Hotels Entenhof wirft der Politik Inkonsequenz vor: »Der Gesetzgeber drückt sich vor einer klaren Regelung und schiebt uns den Schwarzen Peter zu.« Ein Umsatzeinbruch durch abwandernde Gäste wäre nicht zu tragen. »Soll ich Zimmer leer stehen lassen, wenn nur Raucher anfragen? Und unser Restaurant ist relativ klein. Da wurde nicht bedacht, dass wir ja keine Mauer durch den Raum ziehen können. Wenn wir als Gastronomen den Begriff Gast ernst nehmen, welchem Gast, dem rauchenden oder dem nichtrauchenden, sollen wir es dann recht machen?« Schutz brächte nur eine Gesetzesänderung. »Firmen haben ja oft auch interne Vorgaben.«
So gilt beispielsweise im Rathaus Rauchverbot. Zur Zigarette greifen dürfen Mitarbeiter einzig in ihren Büros und nur außerhalb des Publikumsverkehrs. In der Werretalhalle ist Rauchen laut Verwaltungsleiterin Petra Badorrek in Seminarräumen tabu. Flure und Foyer sind mit Aschern ausgestattet; je nach Veranstaltung ist der Nikotinkonsum etwa bei Parties oder der Kabarettreihe Sonderbar zugelassen.
»Das Rauchen ist bei uns aktuell ein Thema«, erklärt Matthias Kreft. Der Amtsleiter Immobilienwirtschaft ist zugleich Sicherheitsingenieur. »Wir sind dabei, einen Mittelweg zu finden, ohne zu viel Bürokratismus aufzubauen.« Dabei setzt man weniger auf Verbote: »Wir wollen unseren Mitarbeitern lieber etwas anbieten. Zum Welt-Nichtrauchertag planen wir ein Seminar, mit dem Raucher zu Nichtrauchern werden können.«

Artikel vom 18.03.2006