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Das Ende einer alten Legende

Erinnerungstafel an der Bürener Sakramentskapelle angebracht

Von Heinz-Peter Manuel
Büren (WV). Fakt ist, dass Ende des 13. Jahrhunderts Juden in Büren ermordet wurden. Legende ist, dass das wegen eines Hostienfrevels geschah. Mit eben dieser Legende räumt nun eine Informationstafel auf, die nun an der Sakramentskapelle in Büren hängt.

Bei der Enthüllung der Tafel, die auf Initiative der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit nun im Rahmen der »Woche der Brüderlichkeit« entstand, warf deren Vorsitzender Prof. Dr. Hubert Frankemölle (Paderborn) einen Blick zurück auf die Spannungen, die es im Laufe der Jahrhunderte immer wieder zwischen Christen und Juden gab. Er erwähnte Europa-weite Verfolgungen, Vertreibungen und Pogrome, die unter religiösem Deckmantel häufig aus rein wirtschaftlichen Gründen geschahen.
Die antisemitischen Strömungen, die in der NS-Zeit ihren Höhepunkt erreichten, sind damit aber nicht beendet. Frankemölle erinnerte an Vorgänge, die noch in den 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts für Aufsehen sorgten (Innsbruck, Deggendorfer Gnad). In Büren, so freute sich Frankemölle, gebe es seines Wissen keinen fundamentalistischen kirchlichen Verein, der anti-jüdische Thesen vertrete.
Die Kirche habe zu diesen Vorgängen lange geschwiegen. Frankemölle freute sich, dass Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000 diese Schuld der Kirche anerkannt habe. »Wir sind zutiefst betrübt über das Verhalten aller, die im Laufe der Geschichte deine Söhne und Töchter leiden ließen. Wir bitten um Verzeihung und wollen uns dafür einsetzen, dass echte Brüderlichkeit herrsche mit dem Volk des Bundes. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herr.« Wegen der Bedeutsamkeit seiner Worte sind diese Gebetszeilen des Papstes ebenfalls auf der Gedenktafel verewigt.
Bürgermeister Wolfgang Runge erinnerte daran, dass es in Büren eine bedeutende jüdische Gemeinde gegeben habe. Daran erinnerten ein Denkmal an der Stelle der ehemaligen Synagoge und ein Straßenname (Judengasse). Heute lebe kein Jude mehr in Büren. Deshalb sei die »Woche der Brüderlichkeit« hier eher eine Art »Trockenübung«. Sie sei aber trotzdem wichtig und beispielhaft für den Umgang mit Minderheiten. Runge rief zu Toleranz im eigentlichen Sinne auf. Man müsse auch andersartige Menschen so akzeptieren, wie sie seien.
Die geschichtlichen Zusammenhänge müssten auch 700 Jahre nach dem Geschehen für die heutige Bevölkerung deutlich werden. Deshalb begrüßte es der Bürgermeister, dass sich eine Gruppe von Schülern des Mauritius-Gymnasiums an die Aufarbeitung der damaligen Geschehnisse gemacht habe.
Mit ihrem Religionslehrer Matthias Schmidt begaben sich Christian Weinberger, Stefan Summers, Henrik Montag und Tobias Trexler auf Spurensuche und erforschten das Geschehen des 13. Jahrhunderts. Die Sakramentskapelle, die die Bürener als Sühne für ihren Mord bauen mussten, nahmen Vanessa Kraft, Katharina Lutter, Anne Albracht, Svenja Büker und Marie Rövekamp mit ihrer Kunstlehrerin Brigitte Wiese unter die Lupe.

Artikel vom 18.03.2006