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Reaktion auf Welle der Ausfälle

Vorschlag abgelehnt: Bezirksliga-Staffelleiter Heinz-Dieter Möller war für eine Saison von März bis November.

Wetter-Diskussion im Fußball: Heimische Trainer fordern Verband zum Handeln auf

Von Alexander Grohmann
Vlotho (VZ). »Das ist Wahnsinn!« Frank Warbende schaut mit Schrecken auf den April. Dann warten auf Fußball-Bezirksligist SC Vlotho nach jetzigem Stand gleich neun Pflichtspiele. »Das ist fast ein Drittel der Saison in einem Monat«, schüttelt der Coach mit dem Kopf.

Schuld daran sind vor allem die anhaltenden Wetter-Kapriolen. Auch für dieses Wochenende wurden wieder neue Schneefälle angekündigt. Nicht ausgeschlossen, dass also vielerorts erneut der Ball im Schrank bleibt.
Das ist die eine Seite der Medaille. Neben dem Endlos-Winter gibt Warbende aber vor allem der starren Planung im Amateurfußball eine Mitschuld an den Hängepartien. Er spricht sich für eine völlig andere Aufteilung der Saison aus -Êund ist bei weitem nicht der Einzige. »In den vergangenen Jahren ist doch Ende Februar und Anfang März das Meiste ausgefallen«, betont Warbende. Der Lerneffekt bei den Verbandsoberen dagegen - gleich Null!
Dabei gibt es nach Ansicht von Warbende viele Möglichkeiten. Mehr Partien in den warmen Monaten und eine längere Pause in den ungemütlichen Jahreszeiten hält der Trainer für diskussionswürdig. »Irgendetwas muss man sich jetzt einfallen lassen«, fordert er die Verantwortlichen zum Handeln auf.
Warbende hat viele Gleichgesinnte, die allmählich immer lauter mit den Hufen scharren. Die Proteste in Trainer-Kreisen gegen die vom FLVW-Sitz Kaiserau diktierte und in den Kreisen durchgesetzte Terminplanung werden immer lauter. Es zeigt sich wieder: Optimal ist das Termin-Konzept bei weitem nicht. Und die Trainer lassen jetzt Luft ab.
Ein oft gehörter Vorschlag: mehr Spiele in der ersten Saisonhälfte bis zur Winterpause und ein späterer Rückrunden-Beginn. »Den Februar und März können wir komplett dicht machen«, stimmt Volker Berg, Trainer des A-Ligisten FC Exter, zu Beim FCE leidet man besonders unter den Wetter-Kapriolen. »Vor April können wir bei uns sicher keine Spiele austragen«, sagt Berg und holt Luft. Der Frust steckt tief. »Die Spieler verlieren doch langsam die Lust. Ich weiß nicht, wie oft wir die Probleme schon angesprochen haben. Die Verantwortlichen müssen sich jetzt an einen Tisch setzen.«
Das Thema ist ein alter Hut. Günther Temme beispielsweise gehört seit 1979 dem Vorstand des Herforder Fußballkreises an und ist seit neun Jahren Kreisvorsitzender. Mit der Erfahrung all seiner Amtsjahre sagt er: »Das Problem kriegen wir nie gelöst. Wir sind durch den Rahmenterminkalender des FLVW an bestimmte Vorgaben gebunden. Wir haben das Ganze zig Mal diskutiert -Ê nie ist etwas passiert«, sagt Temme. In dieser Saison habe man bereits Neuerungen eingeführt: Zwei Rückrunden-Spieltage wurden in der A-Liga schon Ende 2005 angesetzt, der erste reguläre Spieltag im neuen Jahr sollte erst am 5. März sein. Die Entzerrung hat nichts gebracht, die Termin-Probleme sind sogar größer denn je
Unverständlich ist für viele Trainer und Spieler, warum die schönen Fußball-Monate verschenkt werden. Mehr Spiele im Spätsommer und Herbst zu Saisonbeginn und eine stärkere Verlagerung in den Juni hinein -Ê was spricht dagegen? Temme argumentiert: »Wir müssen diese Zeit für Aufstiegsspiele freihalten. Außerdem endet am 30. Juni die Wechselperiode«, steckt man in engen Termin-Zwängen. Zu viele englische Wochen würden zudem bei vielen Vereinen nicht gerne gesehen, da berufstätige Spieler dann oft nicht zur Verfügung stehen. Doch genau dieser »Alptraum« kommt jetzt auf die Klubs zu - die wetterbedingte Ausfall-Flut ist der Grund.
Ungeachtet dessen gehen die Trainer nach mittlerweile monatelanger Vorbereitung auf die Barrikaden. »Wenn es am schönsten ist, hören wir auf, Fußball zu spielen«, findet auch Michael Bühlmann, Trainer des Verbandsligisten FC Bad Oeynhausen, die Termin-Vorgaben unverständlich. »Wir sollten auf jeden Fall bis Ende Juni spielen. Bis zu den Sommerferien ist es nicht so extrem heiß.« In diesem Jahr kommt noch die Fußball-WM als »Hemmschuh« dazu - bis zum Beginn der Titelkämpfe sollen die Amateur-Kicker mit ihrem Programm durch sein. Das ist durchaus verständlich. Doch für die nächste Saison könnten sich die Fußball-Funktionäre an einen Tisch setzen.
»Der 30. Juni sollte der Stichtag sein«, meint Christian Steinbach, Trainer des B-Ligisten FC Exter II. »Im Juni ist die beste Zeit, da kann auf jedem Platz gespielt werden.« Selbst auf dem regenanfälligen Rasen des FCE. »Mit der bisherigen Regelung wird jedenfalls ganz klar eine Wettbewerbsverzerrung hervorgerufen. Wir sind schon vier Spiele zurück in der Tabelle.« Zudem drohen dem FCE II von April bis Ende Mai 15 Spiele - ein Marathon-Programm. Steinbach wirft den Funktionären Verbandsstarre vor: »Das ist Schema F! Das war immer so, und deshalb wird es auch weiter so gemacht. Es wird zu selten die Meinung der Vereine eingeholt.«
Ein Mal im Jahr gibt es in der FLVW-Zentrale in Kaiserau eine überkreisliche Sitzung. Dann strömen die Vertreter der Fußballkreise zusammen, um diese Probleme zu diskutieren. Dass die Vorschläge von der Basis kaum etwas wert sind, diese Erfahrung hat Bezirksliga-Staffelleiter Heinz-Dieter Möller gemacht. Möller war es, der vor drei Jahren mit einer kleinen »Revolution« um die Ecke kam. »Ich habe vorgeschlagen, die Fußball-Saison am Kalenderjahr zu orientieren.« Das hieße: erster Spieltag im März, Fußball-Pause während der Sommerferien und Serienende im Spätherbst. »So können wir noch ohne weiteres fünf Wochen Urlaub und vier Wochen Sportfeste unterbringen.« Der Vorschlag wurde abgeschmettert. »Mit dem Thema bin ich durch«, so der Staffelleiter, der zurzeit wieder zum Improvisations-Künstler wird. Für die zahlreichen ausgefallenen Spiele immer neue Termine zu finden, ist keine angenehme Arbeit. Eine Generalabsage wie Anfang März wird Möller in diesem Jahr nicht mehr aussprechen. »Ich bin zurzeit froh über jedes Spiel, das durchgeführt werden kann.«

Artikel vom 17.03.2006