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Alle Kinder lieben Tante Henny

»Lenzinghauser Geschichte(n)«: Henny Nienaber arbeitete 42 Jahre als Erzieherin

Von Julia Lüttmann
Lenzinghausen (SN). 950 Jahre wird Lenzinghausen in diesem Jahr alt. Die Dorfgemeinschaft veranstaltet anlässlich dieses Jubiläums zwei Festwochen, die Redaktion der SPENGER NACHRICHTEN blickt zurück auf Geschichte und Geschichten aus 950 Jahren Lenzinghausen. Im dritten Teil der Serie »Lenzinghauser Geschichte(n)« geht es um eine Spengerin, die in Lenzinghausen nur »Tante Henny« gerufen wird: Henny Nienaber (68), geborene Vahle, arbeitete 42 Jahre lang im Kindergarten Lenzinghausen.
Gerne erinnert sich Henny Nienaber an ihre Zeit im Kindergarten Lenzinghausen. »Tante Hennys Kindergarten ABC«, das ihr ihre Kolleginnen zum Geburtstag schenkten, bringt sie heute noch zum Lachen.

»Als Kind wollte ich nie in den Kindergarten«, erinnert sich Henny Nienaber. »Da roch es so eklig nach Sagrotan und angebrannter Milch.« Und als Erwachsene wollte sie den Kindergarten gar nicht mehr verlassen: Beim Abschied im Dezember 1997 kullerten ein paar Tränen. »In der ersten Zeit nach meiner Pensionierung habe ich den Kindergarten ein- bis zweimal in der Woche besucht.«
Henny Nienaber war in Lenzinghausen die Kindergärtnerin der ersten Stunde. Als 1956 auf Initiative von Dr. Leo Bräkling der erste kommunale Kindergarten des Kreises in Lenzinghausen eröffnete, waren sich Dr. Bräkling und Pastor Heppe einig, dass Henny Vahle die Betreuung der 60 Kinder übernehmen sollte. Henny Vahle hatte von 1953 bis 1956 Kinderpflegerin in Bethel gelernt, denn schon damals stand für sie fest: »Mit Kindern zu arbeiten ist mein Ding.« Und so zögerte sie auch nicht, den Kindergarten in Lenzinghausen zu übernehmen - auch wenn in den ersten Jahren im ehemaligen Sportlerheim vieles provisorisch war: »Für die Kinder stand damals nur ein großer Gruppenraum zur Verfügung. Toiletten und Waschgelegenheiten befanden sich noch im Keller.« 60 Kinder betreute Henny Nienaber damals mit Unterstützung von je zwei Abschlussschülerinnen der Volksschule, die eigens dafür freigestellt wurden.
Der Tagesablauf war immer gleich: Morgens ging Henny Nienaber durch Lenzinghausen und sammelte »ihre« Kinder an den Treffpunkten Bruning, Dorfstraße und Dorfstraße/Wertherstraße ein. Und damit auch keiner ihrer Schützlinge verloren ging, hielten sie sich alle an einer langen Leine fest. Anschließend stand »Freispiel« auf dem Programm, dann frühstückten die Kinder gemeinsam, es wurde wieder gespielt, gesungen, Ausflüge unternommen, bevor die Kinder um 12 Uhr wieder nach Hause gingen. »Ich habe alles mit den Kindern gerne gemacht: gesungen, gebastelt, gespielt.«ÊBiblische Geschichte, Gebete und christliche Lieder waren im Lenzinghauser Kindergarten bis Ende der 1960er Jahre ebenso selbstverständlich wie die weißen Schürzen der inzwischen drei Erzieherinnen. Als Henny Nienaber aus gesundheitlichen Gründen die Kindergartenleitung 1971 an Luise Modersohn abgab, befand die neue Leiterin, dass diese christliche Ausrichtung nicht zu einem kommunalen Kindergarten passe. »Ich habe das sehr bedauert.« Und deswegen hat die heute 68-Jährige in ihrer Gruppe an diesem Brauch auch festgehalten. Anfang der 1970er Jahre wurde offiziell auch die Anrede »Tante« im Kindergarten abgeschafft. »Aber in Lenzinghausen nennen mich heute noch alle so«, lacht Henny Nienaber heute über die Anrede, die sie als 18-jährige Kindergärtnerin nicht immer gern hörte.
In den vier Jahrzehnten ihrer Arbeit hat sich natürlich einiges verändert - nicht nur das Kindergartengebäude vom ehemaligen Sportlerheim zum neuen, kindgerecht eingerichteten Gebäude. Auch die Spielgeräte: In den ersten Jahren kamen die Kinder mit Bauklötzen und einer Sandkiste aus - und hatten Spaß. »Die Kinder kannten es damals nicht anders und sie hatten Phantasie.« Vor allem haben sich die Kinder verändert: »Sie sind heute lebhafter und selbstbewusster«, urteilt Henny Nienaber.
Wenn die Erzieherin, die sich dem Motto »zuhören, trösten, Mut machen« verschrieben hat, über die alten Kindergartenzeiten spricht, erinnert sie sich besonders gern an die Weisheiten der Kinder. So urteilte eines der Kinder eines Tages, dass sie es aber sehr gut habe, weil sie nicht arbeiten müsse. »Du bist doch jeden Tag hier!«
Und ganz kann Tante Henny das Erzieherinnen-Dasein nicht aufgeben. Ab und an passt sie auf den einjährigen Enkel ihrer Cousine auf. »Und wenn Marlon kommt, dann freue ich mich richtig«, strahlt die 68-Jährige.

Haben Sie eine Anregung für die »Lenzinghauser Geschichte(n)? Dann setzen Sie sich mit der Redaktion der SPENGER NACHRICHTEN, % 0 52 24-98 61 14, in Verbindung.

Artikel vom 18.03.2006