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Ein Polizist mit Herz für Afrika

Egon Hirschmüller (51) leistete auf eigene Faust Entwicklungshilfe in Togo

Von Per Lütje (Text und Foto)
Löhne (LZ). Egon Hirschmüller belässt es nicht bei guten Worten. Er ist ein Mann der Tat. Und er ist Idealist. Der pensionierte SEK-Beamte und Personenschützer ist Entwicklungshelfer mit Leib und Seele und engagiert sich seit 20 Jahren auf dem afrikanischen Kontinent. Sein Auftraggeber ist er selbst, und entsprechend zahlt der 51-Jährige seine Reisen und die Hilfsprojekte aus eigener Tasche.

Während einer Motorradreise durch das marokkanische Atlasgebirge Ende der siebziger Jahre stellte Hirschmüller fest, dass sich sein bisheriges Bild von Afrika so gar nicht mit dem in der Praxis decken wollte. »Gerade in den abgelegenen Dörfern mangelt es den Menschen an so vielen Dingen. Ein großes Problem ist die Trinkwasserversorgung, da das Wasser der Brunnen schmutzig und häufig verseucht ist.«
»Ich wollte helfen«, sagt der gebürtige Leverkusener, der seit 1991 in Gohfeld lebt. Doch anstatt Spenden zu schicken oder Patenschaften zu übernehmen, machte er es sich fortan zur Lebensaufgabe, vor Ort zu helfen. 2003 wurde das Mitglied des Sondereinsatzkommandos wegen einer chronischen Erkrankung, die er sich im Rahmen des Irak-Krieges durch den Kontakt mit Giftgas zugezogen hat, frühpensioniert. Seitdem reist Hirschmüller bis zu dreimal im Jahr jeweils für zwei bis drei Monate nach Togo, um Hilfsprojekte in die Tat umzusetzen.
»Togo zählt zu den 30 ärmsten Ländern der Erde. Von 100 Kindern sterben 28 während der ersten beiden Lebensjahre«, sagt der 51-Jährige. Um einen kleinen Beitrag zu leisten, das Leben vor allem auch der Kinder zu verbessern, engagiert er sich vor Ort. Zu Gute kommt dem Gohfelder dabei seine Ausbildungen zum Ingenieur und zum Sprengmeister. Denn wenn Brunnen gebohrt werden müssen - mit Hand und Schaufel - liegen oftmals Granitblöcke im Weg, die beseitigt werden müssen.
25 Brunnen - jeder kostet 1 000 bis 1 500 Euro - hat Hirschmüller bislang gebaut und so einen Beitrag geleistet, dass sich die hygienischen Bedingungen in den jeweiligen Dörfern deutlich verbessert haben. Hinzu kommen mehrere Schulen, eine Kirche, ein Waisenhaus, Nähereien und eine Tierfarm, um den Menschen eine Existenzgrundlage zu schaffen. »Ich fliege immer erst wieder zurück, wenn ein Projekt abgeschlossen ist. Schließlich möchte ich wissen, was mit meinem Geld passiert«
Auch dem in Togo immer noch praktizierten grausamen Ritual der Beschneidung von Mädchen hat Egon Hirschmüller den Kampf angesagt, hält Vorträge in Schulen und Universitäten. Gerade in den kleinen Dörfern, in denen Naturreligionen weit verbreitet sind, stößt der 51-Jährige bei seiner Mission immer wieder auf Widerstand vor allem der männlichen Bevölkerung. Hirschmüller versucht, das Vertrauen dieser Menschen zu gewinnen, indem er sich als einer von ihnen gibt. »Ich schlafe genauso wie alle anderen in Lehmhütten auf dem Boden und wasche mich am Fluss.« Mit Urlaub hat und soll dies nichts zu tun haben.
In zwei Wochen bricht Hirschmüller erneut auf. Und wie immer reist er ohne seine Ehefrau. »Die hat Angst vor Schlangen.« Dass diese Angst nicht unberechtigt ist, musste der Gohfelder bereits schmerzhaft erfahren, als er weitab von jeder Zivilisation von einer Giftschlange gebissen wurde und mit Glück überlebte. Seinem Enthusiasmus konnte dies keinen Abbruch tun.

Artikel vom 15.03.2006