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Die zwei Seiten des Dschihads

Produzent Kenan Gül dreht einen Kinofilm im Haus 5 der Westfälischen Klinik

Von Stephan Rechlin
Gütersloh (WB). »Zum SET« steht auf einem völlig neuen Hinweisschild auf dem Gelände der Westfälischen Klinik. Das Schild weist in Richtung Haus 5. In der zweiten Etage des Hauses stehen mächtige Strahler, große Kameras, stabile Stative. Psssst, leise! Keine Fragen jetzt. Hier wird ein Kinofilm gedreht.

Das Kameraauge weist auf ein Bett. Darin liegt Irena-Heliana Jandris. Sie spielt die zur Muslimin konvertierte Fatma, die sich entschieden hat, ihr Knochenmark einer leukämiekranken Frau zu spenden, die ihr vor kurzem noch einen Arbeitsplatz verwehrt hatte - weil sie ein Kopftuch trug. In der Szene tritt ihr Mann Mehmet (Ahmet Olgun-Hau) ans Bett. Er hatte seiner Frau lange Zeit verboten, ihr Knochenmark der ungläubigen deutschen Frau zu spenden. . .
Drehpause. Produzent und Drehbuchautor Kenan Gül nimmt sich einige Minuten, um den Film zu erläutern. Er geleitet in ein anderes Zimmer auf dem Flur, um die Aufnahmen nicht zu stören. Jede Drehminute kostet bares Geld. Im Raum mit dem Schild »Kathrins Zimmer 1, Bild 1 - 45« ist es ruhig.
In ganz Ostwestfalen habe er nach einer geeigneten Klinik gesucht, um diese Szenen drehen zu können. Viele seien bereit gewesen, doch mal waren die Räume ungeeignet, mal hätte Aufsichtspersonal abgestellt werden müssen, das niemand übrig habe. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Träger der Westfälischen Klinik, habe sich zunächst das Drehbuch schicken lassen. »Nach wenigen Wochen kam die Antwort. Solch ein Thema und solch eine Geschichte würden sie gerne unterstützen«, habe der Landschaftsverband Westfalen-Lippe zurückgeschrieben.
»Kathrins Dschihad« ist die Geschichte einer Modeunternehmerin, die an Leukämie erkrankt. Fatma hat die Stammzellen, die sie braucht, um überleben zu können. Doch Fatmas Mann Mehmet, ein gläubiger Muslim, ist gegen die Spende. Am Ende wird Kathrin nicht nur die Stammzellen bekommen, sondern sich auch noch in Mehmet verlieben.
»Der Dschihad ist nicht nur ein Krieg, der darauf zielt, Menschen zu vernichten. Er ist auch ein Kampf um den Erhalt von Leben, um die Aussöhnung der Kulturen«, fasst Kenan Gül die Aussage des Films zusammen. Der gut 200 000 Euro teure Film wird ausschließlich von privaten Sponsoren (»Gazi«, »Windsor«) finanziert. Das »Kleine Fernsehspiel« des ZDF hätte die Produktion gerne gefördert, doch verlangte dafür Eingriffe ins Drehbuch. »Das wollte ich nicht. Die Geschichte sollte nicht verändert werden«, sagt Gül. Immerhin sei die Ausstrahlung des Filmes im ZDF oder auf Arte vorgesehen.
Premiere soll Ende Mai jedoch im Bielefelder Cinemaxx sein. Dort soll der Spielfilm mindestens zwei Monate lang gezeigt werden, bevor er dann ans Fernsehen geht. Heute und Morgen stünden die letzten Szenen auf dem Stundenplan. Aus der Gütersloher Klinik geht es dann direkt ins Schnittstudio.

Artikel vom 15.03.2006