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Mit dem Notruf 110 Deutsch lernen

Kursus der Johanniter-Unfallhilfe fördert Migrantenkinder und deren Familien

Kreis Lippe/Detmold (SZ). Zohal, Ali und die anderen Kinder, die sich an diesem Morgen in der AWO-Kindertagesstätte am Hiddeser Berg versammelt haben, hängen förmlich an Katja McColls Lippen. Die Ausbilderin der lippischen Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) bringt ihnen und ihren Müttern Grundlagen der Wundversorgung bei.

Doch für die Drei- bis Vierjährigen geht es nicht nur darum, Ersthelfer von morgen zu werden. Sie wollen gleichzeitig auch die deutsche Sprache erlernen - und ihre Mütter mit ihnen. Der zweitägige Kursus der Johanniter ist Teil eines Integrationsprojektes, das der Rotary Club Detmold und »Sprint«, das Projektbüro für Sprache und Integration des Fördervereins der Volkshochschule Detmold, im vergangenen Jahr ins Leben gerufen haben. Unter dem Motto »Spielerisch Deutschlernen« soll die Sprachentwicklung von Kindern mit Migrationshintergrund gefördert werden.
Dadurch seien auch die Chancen für eine erfolgreiche Integration der Kinder zu verbessern, wie Dr. Sibylle Hädrich-Meyer von Sprint erläutert. Wichtig dabei: Die Eltern werden in das Projekt einbezogen, auch ihre Sprachkompetenz soll ausgebaut werden. »Die Arbeit mit den Kindern ist umso erfolgreicher, je besser es uns gelingt, die Eltern in die Übungen mit einzubinden«, weiß Barbara Baumeier, Rotary Club Detmold.
JUH-Ausbilderin Katja McColl ist die Arbeit mit Kindern gewohnt. »Wir machen häufig unsere ÝErsthelfer von morgenÜ-Ausbildungen in Schulen und Kindergärten in Lippe. Da lernen die Jungen und Mädchen schon sehr früh, wie sie sich bei Unfällen oder Notsituationen richtig verhalten.«
Aber dieser Kursus in der KiTa am Hiddeser Berg ist doch noch eine besondere Herausforderung für die 43-Jährige. Sie spricht langsam, bildet kurze, knappe Sätze und meidet mehr noch als sonst schwierige Worte. Stattdessen: mehr Gestik, Erläuterungen zentraler Begriffe, praktische Übungen, Spiele und viel Anschauungsmaterial. »Nur wenn die Kinder meine Worte verstehen, kann ich auch die Inhalte dieser Ausbildung vermitteln. Wir lernen hier Vokabeln und Wundversorgung gleichzeitig«, so McColl.
Unterstützt von den Kursleiterinnen Andrea Hartlieb und Birgit Schröder, erläutert sie zunächst einige Organe des menschlichen Körpers und ihre Funktionen. Doch dann beginnt für die Kinder und ihre Mütter der praktisch-spielerische Teil. Die JUH-Ausbilderin konstruiert eine Situation, die alle Kinder kennen: Beim Spielen im Kinderzimmer stürzt ein Junge und verletzt sich am Kopf. Die blutende Wunde muss versorgt werden. Doch wie legt man einen Stirnverband richtig an? Jetzt wird der Umgang mit Einweghandschuhen, Kompressen und Mullbinden trainiert.
Besonderen Wert legt Katja McColl auf die Notrufübung. Hier lernen die Kinder in einer Unfallsituation die richtige Notrufnummer zu wählen und am Telefon auch die wichtigen Informationen dem Rettungsdienst zu übermitteln. »Dabei wird deutlich, wie dieses Projekt funktioniert. Die Kinder und ihre Mütter lernen sich in unterschiedlichen Situationen richtig zu verhalten und sie lernen gleichzeitig - quasi nebenbei - die deutsche Sprache«, erläutert Dr. Hädrich-Meyer die Umsetzung des Konzeptes. »Das ist auch Erste Hilfe gegen Sprachbarrieren.«

Artikel vom 15.03.2006