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Mit viel Sinn für Geschichte

Westfalens Archivare treffen sich für zwei Tage im Theater im Park

Von Thomas Hochstätter
(Text und Fotos)
Bad Oeynhausen (WB). Das Theater im Park ist seit gestern Veranstaltungsort für den 58. Westfälischen Archivtag. Bad Oeynhausens Stadtarchivar Rico Quaschny hält heute Vormittag einen Vortrag über die Einrichtung des Archivs in der ehemaligen Stadtbücherei.

Das neue Oeynhausener Archiv zeige anschaulich, was man mit begrenzten Mitteln erreichen könne, sagte Professor Norbert Reimann, der Leiter des Westfälischen Archivamtes am Rande der Veranstaltung. Und die Kurstadt könne sich glücklich schätzen, nicht nur eine Einrichtung auf der Höhe der Zeit zu haben, sondern auch einen so kompetenten und engagierten Fachmann wie Rico Quaschny. Das sei auch der Grund für die Vergabe des Archivtages mit rund 180 Besuchern nach Bad Oeynhausen gewesen.
Bürgermeister Klaus Mueller-Zahlmann ging in seinem Grußwort auf die besondere Situation der Stadt ein. »Im Vergleich zu unseren Nachbarstädten Minden und Herford blicken wir auf eine sehr kurze Stadtgeschichte zurück. Dem entsprechend wurde viele Jahrzehnte lang keine Notwendigkeit gesehen, ein Stadtarchiv einzurichten«, sagte Mueller-Zahlmann. »Leider sorgten das Kriegsende 1945, die Besetzung durch die Britische Rheinarmee und ein Hochwasser für unwiederbringliche Aktenverluste.« Erst 1978 sei dann auch in Bad Oeynhausen ein Stadtarchiv eingerichtet und hauptamtlich besetzt worden. Nun dokumentierten jährlich mehr als 1 200 Nutzungen die hohe Akzeptanz des Archivs in der Bevölkerung. Gestern Nachmittag bestand für die auswärtigen Besucher die Gelegenheit, das Archiv an der Von-Möller-Straße zu besichtigen.
Rickmer Kießling vom Westfälischen Archivamt sagte, viele Archivbestände im Land seien schlecht untergebracht. In zu kleinen, nicht dafür ausgelegten Gebäuden seien die Unterlagen eben nicht kühl und trocken, bei 16 Grad Celsius und 50 Prozent Luftfeuchtigkeit gelagert. Das werde noch Probleme bereiten. Gegenbeispiele sollen während der zwei Tage im Theater im Park neben Bad Oeynhausen die neuen Einrichtungen in Hamm, Lübbecke, Lüdenscheid und Siegen sein.
Wie bereits in der Dienstagsausgabe ausführlich berichtet (»Die Geschichte Westfalens zerfällt«), beschäftigen sich die Archivare derzeit verstärkt mit einem Großprojekt zur Papierentsäuerung. Rickmer Kießling rechnete vor, dass die Komplettentsäuerung aller Bücher und Unterlagen in westfälischen Archiven die nicht aufzubringende Riesensumme von 875 Millionen Euro kosten würde. Deswegen sei es unumgänglich, dass die Archivare vor Ort als kommunale Experten eine Bewertung ihrer wichtigsten Stücke vornähmen. Rico Quaschny sagte, in Bad Oeynhausen hätte die Nachkriegsgeschichte und dabei insbesondere die Besatzungszeit Priorität. Aus dieser Zeit gebe es vergleichsweise wenig Material und das auch in besonders schlechtem Zustand.
l Am gestrigen Abend gab es für die Teilnehmer am Archivtag auf Einladung der Stadtsparkasse einen Empfang des Bürgermeisters in der Klinik Porta Westfalica.
www.archive.nrw.de
www.westfaelisches-archivamt.de

Artikel vom 15.03.2006