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Jungforscher »beamten« in die Bronzezeit

Archäologisches Modellexperiment ist noch bis Freitag im Wittekind-Gymnasium zu sehen


Lübbecke (ee). So oder zumindest so ähnlich haben sie gelebt, unsere Vorfahren in der Bronzezeit. In Pfahlbauten über Seen, Mooren und Wiesen. Wie sich das Leben in den Siedlungen der Menschen zwischen 6000 bis 800 vor Christi abgespielt haben könntet, das haben 66 Schülerinnen und Schüler der Klassen 7a und 7b des Lübbecker Wittekind-Gymnasiums in einer Projektarbeit im Rahmen des Kunstunterrichts nachgestellt.
Und nicht nur nachgestellt: Unter der Leitung von Chefkoordinator (Kunstlehrer) Erik Kallmeyer haben die Mädchen und Jungen in den vergangenen acht Wochen 16 prähistorische Gebäude nachgebaut. »Dabei haben wir auschließlich Naturmaterialien wie Moose und Hölzer verwendet«, betonten die Gruppenkoordinatoren Robert Greywe, Marie-Sophie von der Recke (beide 7a) sowie Malte Albrecht und Marcel Grothe (beide 7b) bei der Präsentation ihres Projekts vor Mitschülern und Eltern im Pädagogischen Zentrum der Schule. Noch bis Freitag ist das auf einem Modelltisch aufgebaute Dorf aus der Bronzezeit dort ausgestellt. Danach werden die Exponate in Vitrinen im Schulgebäude an das lehrreiche Projekt erinnern, »und nicht in einer Sammelmappe verschwinden«, wie Erik Kallmeyer sagte.
Das archäologische Modellbau-Experiment hat den Schülern jedenfalls mächtig Spaß gemacht. Bei der Präsentation sprudelte es förmlich aus ihnen heraus: »Im Kunstunterricht haben wir uns die Frage gestellt, wie unsere Vorfahren in der Bronzezeit gelebt haben könnten. Dazu haben wir uns verschiedene Materialien, zum Beispiel Bilder von alten Funden, angeschaut.« Die Aufgabe war, die Pfahlbauweise als erste Vorläufer der Fachwerkarchitektur in Modellbauten zu rekonstruieren und gleichzeitig in freier Weise experimentell neu zu entwicklen. Im zweiten Teil des Projekts galt es nun, aus den fertigen Einzelhäusern eine zusammenhängende Siedlungsanlage entstehen zu lassen. »Alle Häuser haben Namen, da gibt es das Einsiedlerhaus, Holzfällerhaus, Köhlerhaus, Jägerhaus, Wächterhaus und das Freudenhaus.«
So sind die Pfahlbauten in eine Landschaft eingebettet, die aufwändig und mit großer Detailgenauigkeit geformt wurde. Natürlich gibt's auch einen Flusslauf und ein Gebirge. Zu jedem Gebäudetyp, der präzise in seiner Bauweise erläutert wird, wurden darüber hinaus fiktive Geschichten verfasst: hier konnten die Schüler ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Heraus kam dabei so manch spannende Geschichte.
Kunstlehrer Erik Kallmeyer ist jedenfalls mächtig stolz auf seine Jungforscher: »Die freie Projektform hat Früchte getragen. Hier sind reizvolle Objekte mit hohem Niveau entstanden«. Die Bronzezeit mit ihrer Architektur und Siedlungsform ist durch das Experiment wieder lebendig geworden - oder, wie Kallmeyer es formulierte, »visualisiert in gestalterische Form gebracht worden«. Dabei ging die Entwicklung der eigenen Wirklichkeitsvorstellung der historischen Zusammenhänge über den rein dokumentierenden Ansatz hinaus. Fazit: Archäologie und Kunst können richtig Spaß machen - auch in der Schule.

Artikel vom 15.03.2006