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Rats-Brief hat Irrfahrt hinter sich

Hans-Henning Köchy erhält nach 16 Tagen verspätete Post aus Moskau

Von Michael Nichau
Levern/Arrenkamp (WB). »Ich habe erst gedacht, das darf doch wohl nicht wahr sein, dass die Ratspost 16 Tage von Levern bis nach Arrenkamp braucht«, schildert Hans-Henning Köchy seine Überraschung, als er einen lang erwarteten Brief in seinem Kasten vorfand. Beim näheren Hinsehen stellte sich heraus, dass das Schreiben einen weiten Weg hinter sich gebracht hatte.

»Ich war zuerst verwundert über die vielen Striche auf der Vorderseite«, schildert Ratsmitglied Köchy, als er den Umschlag zuerst begutachtete. »Auf der Vorderseite ist ein ÝRetourÜ-Stempel zu sehen. Das Schreiben ging dann aber nicht an den Absender, also die Gemeindeverwaltung, zurück, sondern erreichte doch den Adressaten.
»Ich war wie vom Donner gerührt, als ich den Stempel auf der Rückseite des Briefumschlages entdeckte«, so Köchy. »Moskva« steht dort in Großbuchstaben, und »27. Februar 2006«. Frankiert wurde der Umschlag bei der Gemeindeverwaltung am 21. Februar. Köchy hielt die Unterlagen für die Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses vom 1. März erst am Donnerstag, 9. März, in den Händen.
»Ratspost aus Moskau ist ja mal eine ungewöhnliche Sache«, nimmt der Politiker den kuriosen Vorfall mit viel Humor und scherzt augenzwinkernd, ob Bürgermeister Stauss, aus dessen Vorzimmer die Moskau-Post stammte, vielleicht auch ein »rotes Telefon« zum Kreml besitze.
Die Vorlage zum Thema »Elternbeiträge der Offenen Ganztagsschule« musste sich also auf dem Postweg »verirrt« haben. »So etwas ist hier wirklich noch nie vorgekommen«, zeigte sich Hildegard Schumacher, die Sekretärin von Bürgermeister Ekkehardt Stauss, ebenfalls verwundert über den Vorfall.
Etwas Licht ins Dunkel brachte Dieter Pietruck, Sprecher der Deutschen Post in Düsseldorf: »Grundsätzlich laufen alle Postsendungen aus Briefkästen oder Postfilialen generell über das Briefzentrum Herford. Sie werden dort sortiert und gehen dann an die entsprechenden Zusteller«, erläuterte er auf Anfrage der STEMWEDER ZEITUNG das Verfahren.
Der Brief war also nicht einfach in eine »falsche Kiste gerutscht«, wie Köchy vermutete. Beteiligt sei im Gegenteil hoch komplizierte Technik, meinte Pietruck.
»Die Briefe werden maschinell gelesen und codiert. Kann der Rechner die Handschrift nicht entziffern, wird halbautomatisch weiterverarbeitet oder von Hand sortiert.« Das Adressfeld wird per Kamera auf einen Bildschirm übertragen und ein Mitarbeiter gibt die Adresse konventionell per Hand ein.
Tatsächlich erklären konnte aber auch der Post-Sprecher den Irrläufer nicht. »Der Brief wurde nicht im Video-Verfahren codiert, also muss er in die Handverteilung gegangen sein. Dort wurde das Schreiben dann fehlgeleitet. Eine andere Erklärung sei, der Brief könne sich mit einer mit einer anderen Sendung verhakt haben und auf diesem Weg nach Moskau gelangt sein. »Das ist aber nur eine Möglichkeit und reine Spekulation«, so der Post-Sprecher. Er betonte in diesem Zusammenhang, wie wichtig eine maschinenlesbare Anschrift sei.
»Nach Moskau hat er sechs Tage gebraucht, zurück nach Stemwede zehn Tage«, erklärte Köchy. »Die haben in Russland wohl erst ihren Chef fragen müssen, wo Stemwede liegt«, meinte der Kommunalpolitiker scherzhaft.

Artikel vom 15.03.2006