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Zehn Jahre
auf Drogen

28-Jähriger verurteilt

Herford/Enger (cl). »Sie haben in den vergangenen zehn Jahren ein einziges Trauerspiel geliefert«, stellte Amtsgerichtsdirektor Bernd Kahre gegenüber dem Angeklagten Boris V. (Name geändert) fest. Vor elf Jahren kam der heute 28-Jährige mit seinen Eltern aus Kasachstan nach Deutschland. Nur kurze Zeit arbeitete er, landete genauso schnell beim Heroin und war acht Jahre im Methadonprogramm, bis ihn der Arzt rauswarf. Aber auch während der Substituierung konsumierte er weiter Heroin, Alkohol und alles, was er bekommen konnte.

Vor einem Jahr wurde er zu vier Monaten mit Bewährung verurteilt, unter anderem weil er Methadon bei einem Arzt gestohlen hatte. Jetzt saß der kräftig gebaute Russlanddeutsche vor dem Schöffengericht, weil er am späten Abend des 27. August 2005 mit zwei 15-jährigen (!) Komplizen Bier, Cola und Mineralwasser für mehr als 80 Euro aus dem Getränkelager des E-Neukauf-Marktes in Enger gestohlen hatte. Boris V. war in allen Punkten geständig, nur den Diebstahl von Wasser bestritt er energisch - das schien nicht sein Getränk zu sein.
Die Eltern sind traurig über die Entwicklung ihres Sohnes, den Frau und Kind inzwischen verlassen haben. Doch trotz aller Enttäuschungen halten die Eltern weiter zu ihm. Der Angeklagte absolvierte freiwillig schon mehrere Entgiftungen, konnte sich aber nie zu einer Langzeittherapie aufraffen, genauso wenig wie zur Arbeit.
Auch Verteidiger Dr. Detlev Binder forderte eine Haftstrafe ohne Bewährung: Nur mit diesem Extremdruck (Entzug statt Gefängnis) könne sein Mandant vielleicht noch die Kurve zu einer Therapie kriegen. Diesem Wunsch entsprachen auch Staatsanwalt Eberhard Leschhorn und das Richtertrio gerne: Ein Jahr Freiheitsstrafe ohne Bewährung, die vier Monate aus der letzten Verurteilung kommen nach einem Bewährungswiderruf hinzu. Das Urteil wurde sofort rechtskräftig, der Vater chauffierte den Filius umgehend zur Entgiftung nach Marsberg.

Artikel vom 14.03.2006