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Rund in globalisierter Welt

»Duale Satire Deutschland« gibt Lebenstipps

Von Sarah Thomsmeyer
Wehdem (WB). »Vom Millionär zum Tellerwäscher« - so lautete der Titel des Kabaretts, das die »Duale Satire Deutschland« am Samstag zum Besten gab. Im Wehdemer Lifehouse konnten sich die Zuschauer auf ihren »drohenden sozialen Abstieg« vorbereiten und dabei so einiges über Deutschlands Arbeitsmarktpolitik lernen.

Die Satire begann damit, dass sich die Darsteller zugleich verabschieden wollten. Nur ein kurzes, heiteres Stück wurde zur Einstimmung gespielt - und schon sollte Ende sein? Im Gegenteil. Arnd Stephan, Ulrich Eißner und Bernd Kulow hatten zwar ihre Arbeit als Musiker beendet, aber so recht wollten sie sich doch noch nicht vom Publikum trennen. »Mal Hand aufÕs Herz - verstehen Sie die Welt noch?«, fragte Arnd Stephan in den Raum. Darauf musterte er die Gäste und kritisierte ohne Punkt und Komma: »Sie zum Beispiel. Haltlos, ratlos, orientierungslos!« Der Nächste könne sich sein Grinsen sparen, denn es ginge schließlich um die »Lage unseres Vaterlandes«.
Versuchte Psychoanalyse hin oder her, der Schulungsleiter Arnd musste zunächst einmal alle Anwesenden davon überzeugen, dass man erst »ganz unten« sein müsse, um dann Hilfe annehmen zu können. »Es muss alles noch schlechter werden«, stellten die drei Schauspieler fest und hatten somit ihr Schulungsziel klar vor Augen. Es folgte eine weitere Musikeinlage an Klavier und Gitarre. »Nur wer gar nichts hat, hat genug« sangen sie, denn es sei »nur ein kleiner Schritt« in den sozialen »Absturz«. Im Folgenden wurden nicht nur der Hausmeister Bernd Kulow, sondern auch der »Einfallmanager« Ulrich Eißner vorgestellt. Dieser richtete sich sogleich ans Publikum: »Wer bietet einen Euro?« Um nämlich die Arbeitstelle des Hausmeisters zu sichern, wolle man schon mal vorfinanzieren und sammeln. Bernd Kulow schaute die zwei geschenkten Euro an und entrüstete sich sofort, dass man für so wenig Geld wohl schlecht arbeiten könne. Doch dieses Argument zählt im Satire-Deustchland nicht. Vermutlich sei es eh lukrativer, wenn man den Nörgler durch ein »erotisches Schulungsluder« aus Osteuropa ersetzen würde.
Als Nächstes stellten die drei das Grundgesetz in Frage und stimmten gemeinsam in den »Schulungsblues« ein. Währenddessen verschwand Bernd Kulow und kam mit einer Hand voller Karten wieder zurück. Zuerst benötigte der Schulungsleiter die Weltkarte, denn die zukünftigen Tellerwäscher sollten wissen, was sie noch wissen müssen. »Lektion Nr. 1: Die Welt ist rund«, erklärte Arnd Stephan den Zuschauern. Dies biete durchaus einen Vorteil: »Die Erdkrümmung schützt uns vor dem Anblick fremden Elends.« Also könne man froh sein, kein Geld für weite Reisen, zum Beispiel ins gefährliche Süd-Ost-Asien, zu unternehmen. Insgesamt sei das Armsein in Deutschland durchaus erträglich und »mal Hand aufÕs Herz«, bei uns werde »eine blühende Landschaft im Nu aufgebaut«.
Das schien das Stichwort für den Hausmeister zu sein, der im Hintergrund eine Karte aufhängte, die in der Tat eine blühende Landschaft zeigte. Des Weiteren diskutierten die Darsteller über die beste Altersvorsorge seit Harz IV: Kinder! Auch das Arbeitsamt und Deutschlands Exportweltmeistertitel wurden verrissen. Einfallsmanager und Schulungsleiter sangen voller Elan: »Deutschland ist so global, so total global!«
Wenn da nur nicht das Problem mit dem Hausmeister wäre! Selbst die Show »Viehisch, Viehisch« schaffte es nicht, Bernd Kulow, der nun »quasi stubenrein« sei, zu vermitteln. Eine Pointe jagte die nächste und das Publikum wusste manchmal nicht, ob es zu lachen oder zu grübeln anfangen sollte. Ist es in Deutschland wirklich so schlecht um die Arbeit bestellt? Und vor allem: Betrifft mich das denn? Die Duale Satire Deutschland wollte vermutlich beides erreichen, denn Kritik lässt sich mit einem Lächeln immer besser ertragen.

Artikel vom 14.03.2006