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Kostengünstig und bürgernah

Schiedsleute aus gesamten Landgerichtsbezirk tagten in Lübbecke

Lübbecke (ber). Sie sind juristische Laien, lösen mit Gesprächsbereitschaft und menschlicher Erfahrung aber so manchen tief sitzenden Konflikt: die 136 Mitglieder der Bezirksvereinigung Bielefeld des Bundes Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen, die am Samstag zu ihrer Jahreshauptversammlung im Lübbecker »Quellenhof« zu Gast waren.

Wahlen standen in diesem Jahr nicht an, das Referat des Amtsgerichtsdirektors Manfred Surmeier verzögerte sich wegen des plötzlichen Wintereinbruchs am Samstagmorgen, so dass viel Zeit zum Erfahrungsaustausch blieb. Unter anderem gab der stellvertretende Vorsitzende Herbert Hackel einen Bericht über einen Besuch der 22 Bezirksvorsitzenden aus Nordrhein-Westfalen im Rechtsausschuss des Landtags.
In Grußworten würdigten Bürgermeisterin Susanne Lindemann und Landrat Wilhelm Krömer die Leistungen der Schiedspersonen. Für »kostengünstig und bürgernah« hält Susanne Lindemann das Schiedsamtsverfahren, für das den Kontrahenten gemeinsam zwischen 30 und 40 Euro berechnet wird. Eine Schlichtungsquote von über 50 Prozent überzeuge, und insbesondere bei Nachbarschaftsstreitigkeiten ergebe sich eine größere Zufriedenheit als durch ein Urteil, weil Lösungen im Gespräch aufgezeigt würden und sich keine als Sieger oder Besiegter fühlen müsse.
»Aktives Zuhören und Fingerspitzengefühl« müssten die Schiedsleute besitzen, »Fähigkeiten, die auch in meiner Position nicht schädlich sind«, wie Susanne Lindemann unterstrich. Für Landrat Wilhelm Krömer hat die Wichtigkeit des Ehrenamtes (Schiedsleute werden durch den Stadtrat ernannt und den Direktor des Amtsgerichtsbezirks vereidigt) auch mit der Tatsache zu tun, dass Menschen immer weniger im Gespräch in der Lage zu sein scheinen, schwierige Fragen im Umgang miteinander zu lösen. Hinzu kämen Spannungsfelder verschiedener Kulturkreise und ein Mangel an erworbener Toleranz, meinte Krömer.
Schiedsmänner und -frauen (von denen viele an der Versammlung im Quellenhof teilnahmen) sparten »Geld, Zeit und Nerven«, so Krömer. Sie seien auch am Wochenende erreichbar und pflegten die Verschwiegenheit, das Verfahren sei schnell durchzuführen und unbürokratisch - dafür könnten die Gerichte diesen »wichtigen Friedensbringern« nur dankbar sein. Seit dem Jahr 2000 ist in bestimmten Fällen die Einschaltung einer Schiedsperson erforderlich: Eine Klage vor Gericht kann erst erhoben werden, wenn der Schiedsmann eine Erfolglosigkeitsbescheinigung ausgestellt hat.
Gesunder Menschenverstand helfe manchmal weiter als juristisches Fachwissen, vermutete Krömer und meinte mit einem Lachen zu seinen Erfahrungen als Landrat zum Umgang mit Juristen im Kreishaus: »Einen braucht man, zwei sind eine Hilfe, drei bereiten Probleme und vier sorgen für ein (Meinungs-)Chaos«. Dennoch sähen Rechtsanwälte, die nach einer Gesetzesänderung in den Schiedsamtsverfahren auch dabei sein dürfen, die Tätigkeit der Ehrenamtlichen oft nicht unkritisch, hieß es in der Versammlung.
Die Tätigkeit der Schiedsperson unterliegt allerdings engen Beschränkungen, so Geschäftsführer Walter Aumüller: Zulässig ist sie immer dann, wenn ein Staatsanwalt kein öffentliches Interesse an der Verfolgung einer Straftat feststellen würde (leichte Körperverletzung, Hausfriedensbruch, Beleidigung, Sachbeschädigung), bei Nachbarschaftsstreitigkeiten sowie bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten bis 600 Euro.
Um Nachbarschaftsstreitigkeiten ging es auch im Vortrag von Manfred Surmeier, der nach einem winterbedingten leichten Autounfall verspätet eintraf. Aus seiner Praxis als Zivilrichter sprach er über Fälle aus der Praxis vom störenden Baumwuchs bis zu Belästigung durch Tauben. Die Aussprache nutzten die anwesenden Mitglieder, um interessante Fälle aus dem Jahr 2005 vorzustellen.

Artikel vom 13.03.2006