10.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Eltern kämpfen um Therapie für Kinder

Immer weniger Rezepte - Elterninitiative will Betroffene an einen Tisch bringen

Von Alexandra Rüther
Brakel/Kreis Höxter (WB). Weil er sich seit Wochen vergeblich um ein Rezept für Kranken- und Sprachtherapie für seinen behinderten Sohn bemüht, hat sich Ralf Mertens entschlossen, das Problem an die breite Öffentlichkeit zu bringen. Zusammen mit anderen Betroffenen hat er eine Elterninitiative gegründet.
Isabel Musloff arbeitet als Ergotherapeutin im Kindergarten Erkeln, hier mir Paul (6).
»Ich habe inzwischen von vielen gehört, die massive Probleme haben, für ihre Kinder Rezepte für Krankengymnastik, Sprachtherapie und Ergotherapie zu bekommen«, erzählt Mertens. Sein Sohn Maurice ist drei und leidet an Trisomie 21 sowie einer Tieftonschwerhörigkeit. Seine Therapie ruht zurzeit. Was das heißt weiß auch Ina Golüke aus Höxter. Ihr Sohn Lennart ist in seiner Sprache und seinem sozialen Verhalten entwicklungsverzögert, bekommt Sprach- und Ergotherapie. »Das Rezept für die Ergotherapie habe ich so gerade noch mal gekriegt«, sagt die Mutter und weiter: »Kinder sind in ihrer Entwicklung so schnell. Wenn man da ein halbes Jahr auf ein Rezept warten muss, dann ist viel Zeit vergeudet.«
Ralf Mertens sieht sich momentan in einer Zwickmühle. Sein Sohn besucht den Kindergarten der Lebenshilfe in Ottbergen. »Die Kassenärztliche Vereinigung hat mir gesagt, für Kinder in heilpädagogischen Einrichtungen hat der Träger die therapeutischen Leistungen zu tragen. Der Träger, in diesem Fall der Landschaftsverband, sagt aber, für die medizinischen Leistungen seien die Krankenkassen zuständig.«
Und weil es vielen so geht wie ihm, weil es zurzeit mehr Fragen gibt als Antworten, will Mertens alle betroffenen Eltern und die Leiter der betroffenen Einrichtungen an einen Tisch bringen.
Am heutigen Freitag, 10. März, um 19 Uhr trifft sich die Elterninitiative im »Alex« in Brakel, Am Thy 9. »Wir wollen Informationen austauschen, Unterschriften sammeln und einen Beschwerdebrief aufsetzen, den wir an den Petitionsausschuss des Landtages schicken, an das Landesministerium für Gesundheit, Soziales und Familie und an die Kassenärztliche Vereinigung in Dortmund«, schildert Mertens die Pläne der Elterninitiative.
Auch im Kindergarten St. Raphael in Erkeln gibt es zwei konkrete Fälle, in denen Eltern keine Verordnungen mehr für ihre Kinder bekommen haben. Vorteil der Einrichtung ist noch, dass die Therapeuten dort angestellt sind, dass sie therapieübergreifend und ganzheitlich arbeiten. »Aber natürlich wird es irgendwann personelle Konsequenzen haben, wenn wir die Therapiepauschalen nicht mehr einfahrenÜ«, sagt Leiterin Angela Braun. Sie beurteilt die Initiative der Eltern positiv, die Mütter und Väter seien nicht darauf aus, Konflikte zu schüren, sondern auf der Suche nach Informationen und sinnvollen Lösungen für ihre Kinder.
»Die physikalischen Therapien (für Erwachsene und Kinder) sind in einem Budget zusammengefasst«, erklärt Dr. Michael Gemmeke, Arzt in Ottbergen und gewählter Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung, der die Kinder, die bei ihm in Behandlung sind, umfassend versorgt, denn: »Zum einen sehe ich nicht ein, dass ausgerechnet hier gespart wird, und zum anderen ist es natürlich ganz wichtig, im Kleinkindalter so viel wie möglich zu erreichen«, sagt er. Natürlich gebe se auch beim ihm keine »Streicheleinheiten« mehr wie etwa Fango-Packungen.

Artikel vom 10.03.2006