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Neuer Trainer stoppt Talfahrt

Wolfgang Frank führt die Offenbacher Kickers aus Tabellenkeller

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WV). Das Urteil des Fußball-Fachblatts »Kicker« in der Winterpause war vernichtend: »Der Kader genügt nicht den Anforderungen der Zweiten Liga.« Gemeint waren die Offenbacher Kickers, heutiger Gastgeber (19 Uhr, Bieberer Berg) des SC Paderborn 07.

Der hessische Traditionsklub reagierte, holte zu Beginn der Rückrunde vier neue Spieler, aber erst der neue Trainer Wolfgang Frank stoppte die Talfahrt und verließ vor zwei Wochen mit dem Deutschen Pokalsieger von 1970 wieder die Abstiegsränge.
Wolfgang Frank (215 Bundesligaspiele, 89 Tore) löste im Januar Hans-Jürgen Boysen ab, der eine fast beispiellose Niederlagenserie zu verantworten hatte. In den elf Spielen vor seiner Entlassung siegte der OFC nur einmal und verlor dazu noch fünf Heimspiele in Folge. Die letzte Niederlage im eigenen Stadion liegt aber sechs Wochen zurück. Am 22. Januar stürmte auch Hansa Rostock (3:1) den Bieberer Berg, das waren zugleich die letzten 90 Minuten, die Boysen als Cheftrainer auf der Bank erlebte. Der Kündigungsgrund hatte offiziell aber nichts mit dem sportlichen Desaster zu tun. »Das Präsidium sah sich zum Handeln gezwungen, da die vom Verein bereit gestellten, finanziellen Mittel nicht zeitgerecht in Verstärkungen umgesetzt wurden«, teilte das OFC-Präsidium schriftlich mit.
Zwei Tage später kam Wolfgang Frank. Ausgestattet mit einem Vertrag bis zum 30. Juni 2007 (gilt aber nur für die 2. Liga), führte der 54-Jährige den OFC wieder in die Erfolgsspur zurück, auch wenn der Start holprig verlief. Das unglückliche DFB-Pokal-»Aus« in Bielefeld beobachtete Frank noch von der Tribüne aus, danach folgten zwei 0:2-Auswärtsniederlagen (Fürth und Freiburg) in Folge, ehe vor drei Wochen mit dem 1:1 beim TSV 1860 München die Wende gelang. Es folgten der 2:0-Heimsieg über Eintracht Braunschweig und vor einer Woche das sensationelle 1:0 beim Spitzenreiter VfL Bochum. »Braunschweig war der Befreiungsschlag«, sagt Frank und fügt hinzu: »In Bochum habe ich gespürt, dass die Mannschaft auch ein bisschen für mich spielt.«
Der neue OFC von Frank, der am Sonntag auch Gast im Hermann-Löns-Stadion war und das 0:2 der Paderborner gegen Dynamo Dresden miterlebte, tritt couragiert auf, ist erstaunlich gut organisiert und verfügt über einen Angriff, bei dem auch Paderborns Coach Jos Luhukay ins Schwärmen kommt: »Regis Dorn braucht nur wenige Möglichkeiten, traf schon neunmal. Momo Diabang ist lauffreudig, unberechenbar und gut im Spiel eins gegen eins.« Insgesamt beschreibt der Holländer den Gegner als »starke Einheit mit viel Erfahrung in allen Mannschaftsteilen«. Abwehrchef ist der Ex-Bundesligaspieler Markus Happe (Bayer Leverkusen, Schalke 04, 1. FC Köln), bekannt sind auch noch Oualid Mokhtari (früher Eintracht Frankfurt) oder die Wintereinkäufe Mamadou Diabang (ausgeliehen vom VfL Bochum, früher Arminia) und Toni Tapalovic (zuletzt KFC Uerdingen, früher Bochum und Schalke). Außerdem wurden Matej Miljatovic (Drava Ptuj) sowie Heiner Backhaus (Arminia) nachverpflichtet.
Ob damit der Kader zweitligatauglich ist? Die jüngsten Ergebnisse lassen die Kickers wieder hoffen, auch wenn Frank warnt: »Wir stehen vor einem Existenzkampf, der erst am letzten Spieltag beendet sein wird.«

Artikel vom 10.03.2006