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Keine Beweise
für Gewalttat

Freispruch für den Angeklagten

Stemwede/Minden (ni). Mit einem Freispruch endete ein Strafverfahren gegen einen 33-jährigen Maurer aus Stemwede. Der Mann hatte sich wegen des Vorwurfs der sexuellen Nötigung vor dem Mindener Schöffengericht zu verantworten. In der Anklage wurden ihm insgesamt fünf Vergehen, von vorsätzlicher Körperverletzung bis hin zu sexueller Nötigung, vorgeworfen.

Das Opfer hatte in den Sommerferien 2004 auf eigenen Wunsch im Elternhaus des Angeklagten gewohnt. Dessen Familie hatte das damals 17-jährige Mädchen bei sich aufgenommen. Dort, so die Anklageschrift, sollte der Mann die Minderjährige nach anfänglicher einvernehmlicher Beziehung zu sexuellen Handlungen gezwungen und ihr körperliche Gewalt angetan haben. Die Vorwürfe wurden vom Angeklagten komplett zurückgewiesen. »Sie wollte eine Beziehung zu mir. Ich habe das immer abgelehnt«, erklärte er. Die junge Frau, die im Prozess als Nebenklägerin auftrat, behauptete zusätzlich, der Angeklagte habe ihre Mutter eingeschüchtert. Die Mutter bestätigte in ihrer Aussage, dass sie Angst vor dem Mann gehabt habe.
Zwischenzeitlich hatte der 33-Jährige eine Beziehung zu der älteren Tochter des Hauses aufgenommen und zog mit ihr an die Nordsee, wo er eine Anstellung erhalten hatte. Diese Partnerschaft scheiterte jedoch. Die Schwester war ebenfalls als Zeugin geladen und berichtete von körperlichen Übergriffen des Angeklagten auf sie. Sie habe ihre Schwester vor dem Mann gewarnt.
Nach der gescheiterten Beziehung kehrte der Maurer wieder in sein Elternhaus zurück. Die 17-Jährige bemühte sich erneut um die Gunst des damals 31-Jährigen. Sie zog mit Erlaubnis der Mutter ins Wohnzimmer ein. Aussage der jungen Frau war allerdings, dass sie im Zimmer des Sohnes genächtigt habe. Dort sei sie auch zum Sex gezwungen worden. »Wenn ich im Bett nicht so wollte, hatte es Ohrfeigen gegeben«, erklärte sie auf wiederholte Nachfragen von Richterin Niewerth.
Mehrfach musste die Befragung der jungen Frau unterbrochen werden, weil sie in Tränen ausbrach und nicht weiter sprechen konnte. Die Richterin konnte ihr jedoch bohrende Fragen nicht ersparen, woraufhin die Zeugin sich immer wieder in Widersprüche verstrickte. Ihre Schilderungen der Vorfälle waren detailliert. So berichtete sie von einem Streit, in dem der Angeklagte sie aus dem Bett getreten habe, danach an den Haaren gepackt und sie wieder ins Bett gezogen habe. »Er hat mich festgehalten und mir dann mit der Faust in den Unterleib geschlagen. Dann musste ich mit ihm schlafen«, so die Klägerin.
Ein ärztliches Attest sollte die Körperverletzung durch einen Tritt gegen den Brustkorb belegen, die letztlich dazu geführt hatte, dass sich die Frau ihrer Mutter anvertraute. Das Attest wurde jedoch erst zwei Tage nach der geschilderten Tat erstellt. In den Augen der Richterin deckten sich die festgestellten Verletzungen nicht mit den Beschreibungen der Klägerin. Auch wurden die zwei im Polizeiprotokoll festgehaltenen körperlichen Übergriffe von der Zeugin nunmehr als eine einzige Tat geschildert. In der Befragung stellte sich heraus, dass die junge Frau immer wieder die Möglichkeit gehabt hätte, ihrem »Peiniger« zu entfliehen. »Ich habe ihn geliebt. Ich wollte da hin«, sagte die Zeugin.
Die Staatsanwaltschaft sah zumindest den Tatbestand der Körperverletzung gegeben, forderte eine Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu 15 Euro. Die Verteidigung plädierte auf »nicht schuldig«. »Irgendetwas muss geschehen sein, aber die Geschädigte hat sich auch im Gegensatz zu den übrigen Zeugen widersprochen«, begründete die Richterin ihren Freispruch. »Die Zeugin ist sehr bewegt, aber wir können darauf keine Verurteilung stützen.« Eine zeitliche Zuordnung der geschilderten Vorfälle sei nicht möglich. Lediglich das Attest stelle eine Verletzung fest. »Wie die Geschädigte aber dazu gekommen ist, ist nicht sicher«, so Richterin Niewerth. Auch Motive wie etwa »verschmähte Liebe« seien in diesem Fall nicht auszuschließen. Aus Mangel an Beweisen wurde der Angeklagte letztlich freigesprochen.

Artikel vom 09.03.2006