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Eigentümer ist gefordert

Heißes Thema im kalten Winter: Streupflicht bei Eisglätte und Schnee

Von Ralf Eggersmann
Der Winter hat uns auch dieses Jahr wieder mit vielen Schneefällen, aber auch Glatteis lange Zeit im Griff gehabt. Auch im März ist wohl noch weiter mit Schneefällen und Eisglätte zu rechnen, wie die letzten Tage gezeigt haben. Dies soll hier zum Anlass genommen werden, alle interessierten Leserinnen und Leser über die Räum- und Streupflicht auf Gehwegen und Grundstücksflächen zu informieren.

1. Streu-/Räumpflicht: Für die Räumung und Abstreuung der Grundstücksflächen ist zunächst grundsätzlich der Eigentümer des jeweiligen Grundstückes verantwortlich. Aber auch die an das Grundstück angrenzenden Gehwege sind durch den Grundstückseigentümer grundsätzlich zu reinigen. Die Städte und Gemeinden haben insoweit in öffentlich-rechtlichen Satzungen die Reinigungspflicht, nämlich den Grundstückseigentümern fast ausschließlich übertragen. Das bedeutet, dass der Grundstückseigentümer Sorge dafür zu tragen hat, dass auf seinem Grundstück, der Zuwegung, aber insbesondere den angrenzenden Gehwegen das Passieren für alle Personen gefahrlos möglich ist. Insoweit hat er daher beispielsweise im Winter die Gehwege von Schnee und Eis zu befreien und diese mit abstumpfenden Mitteln abzustreuen. Die jeweilige Ortssatzung beziehungsweise Satzung der zuständigen Stadt oder Gemeinde regelt insoweit den Umfang des Winterdienstes. Beispielsweise hat die Stadt Bünde unter § 4 ihrer Satzung geregelt, dass die Gehwege in einer für den Fußgänger erforderlichen Breite von Schnee und Eis freizuhalten sind. In der Regel muss der Gehweg also der Gestalt frei geräumt werden, dass zwei Fußgänger vorsichtig aneinander vorbeigehen können. Hat der Eigentümer des Grundstücks keinerlei Möglichkeit, selbst der Räum- und Streupflicht nachzukommen, etwa weil er krankheitsbedingt verhindert ist, im Urlaub ist oder aber auf Grund der Ortsverschiedenheit zum gelegenen Grundstück eine Räumung durch diesen nicht erfolgen kann, so hat der Eigentümer selbstverständlich die Möglichkeit, durch entsprechende Regelung im Mietvertrag oder einer Hausordnung den Mietern, Nachbarn oder aber auch einer Hausverwaltung die Räum- und Streupflicht zu übertragen.
Allerdings muss der Grundstückseigentümer sodann im Streitfall beweisen und auch belegen, dass er diese Räum- und Streupflicht übertragen hat und wie er für diese Pflicht Sorge getragen hat.
Insoweit besteht eine grundsätzliche Verpflichtung des Grundstückseigentümers, die Durchführung der Räum- und Streupflicht auch zu überwachen.
2. Beginn und Ende der Räum- Streupflicht: Streitpunkt ist immer wieder, ab wann die Räum- und Streupflicht beginnt bzw. wann sie endet. Beispielsweise hat die Satzung der Stadt Bünde hierzu geregelt, dass in der Zeit von 7 Uhr bis 20 Uhr gefallener Schnee und entstandene Eisglätte nach Beendigung des Schneefalles bzw. nach dem entstehen der Eisglätte unverzüglich zu beseitigen sind.
Nach 20 Uhr gefallener Schnee und entstandene Eisglätte ist werktags bis 7 Uhr sowie Sonn- und Feiertags bis 9 Uhr des folgenden Tages zu beseitigen. Derartige Regelungen sind immer wieder Streitfall vor den zuständigen Zivilgerichten. Das Oberlandesgericht Celle hatte beispielsweise einen Fall zu verhandeln, bei welchem der Grundstückseigentümer zwar bereits morgens um 6 Uhr früh gestreut hatte, auf Grund Eisregens und Minusgraden sich allerdings wieder Eisglätte bildete. Kurze Zeit nach dem erstmaligen Streuen kam es dann zu dem Sturz eines Passanten. Dieser verklagte daraufhin den Grundstückseigentümer auf Schadensersatz. Das Oberlandesgericht Celle hat die Klage insoweit abgewiesen (Az. 9 U 220/03) und hat hierfür angeführt, dass die Pflicht zur weiteren Abstreuung beziehungsweise Räumung entfalle, wenn die Rutschgefahr nur unwesentlich und nur vorübergehend eingedämmt werden könnte. Das Oberlandesgericht Celle hat insoweit auch darauf hingewiesen, dass bei derartigen Witterungsumständen die Passanten sich darauf einstellen müssen, dass Gehwege teilweise noch glatt sein können, obwohl dort gestreut worden ist. Hier entscheidet selbstverständlich dann der Einzelfall.
Dies bedeutet aber auch, dass bei wiederkehrenden Schneefällen am Tage nach geräumt oder ggf. nach gestreut werden muss.
3. Art und Weise der Räum- und Streupflicht: Die Ortssatzungen geben in ihren Regelungen zumeist vor, wie der Bürger seiner Räum- und Streupflicht nachzukommen hat. Die Satzung der Stadt Bünde regelt insoweit bspw., dass die Gehwege mit abstumpfenden Mitteln zu bestreuen sind und das die Verwendung von auftauenden Mitteln grundsätzlich verboten ist. Die Verwendung von Streusalz ist daher nur gestattet, wenn abstumpfende Mittel keine hinreichende Wirkung erzielen. Der Schnee darf auch nicht einfach achtlos auf die Straße geschoben werden. Dieser ist vielmehr an dem fahrbandgrenzenden Teil des Gehweges oder auf dem Fahrbahnrand so zu lagern, dass Fahr- und Fußgängerverkehr nicht gefährdet wird. Die Einläufe von Entwässerungsanlagen, d. h. Gullideckel, sind von Eis und Schnee freizuhalten. Dies bedeutet grundsätzlich, dass der Grundstückseigentümer den Schnee nicht einfach achtlos, bspw. auf die angrenzende Straße schieben darf, sondern dieser letztendlich so geräumt werden muss, dass weder eine Beeinträchtigung des Fußgängerverkehrs, noch des Straßenverkehrs vorliegt. Verstößt insoweit der Grundstückseigentümer oder aber der mit der Streu- und Räumpflicht Beauftragte gegen seine Pflichten, so hat er ggf. zivilrechtlich für den dadurch entstandenen Schaden aufzukommen. Dies kann durchaus sehr teuer werden, wenn bspw. jemand sich durch einen Sturz das Hand-gelenk, den Oberschenkel oder ähnliches bricht und hier Arzt- und Krankenhauskosten anfallen können sowie Verdienstausfall und Schmerzensgeld. Auch können durchaus strafrechtliche Konsequenzen auftreten, wenn bspw. die Räumungspflicht schuldhaft nicht wahrgenommen wurde, so kann eine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung in Betracht kommen. Selbst wenn es zu keinerlei Unfällen kommen sollte, ergibt sich zumindestens aus der Ortssatzung der Stadt Bünde, dass eine Zuwiderhandlung mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Es kann daher nur allen Grundstückseigentümern und entsprechend mit der Räum- und Streupflicht Beauftragten empfohlen werden, sich umfassend abzusichern - und auch im Winter für einen gefahrlosen Zugang Sorge zu tragen.

Artikel vom 11.03.2006