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Reform auf den Zahn fühlen

Zahntechnisches Labor »o dente« muss 30 Prozent Umsatzeinbuße verkraften

Von Katrin Niehaus
Borgholzhausen (WB). »Der Mut zur (Zahn-)Lücke wird bei vielen Patienten immer größer. Die Folgeschäden der Gesundheitsreform lassen sich noch gar nicht absehen. Es muss etwas geschehen«, sagt Martin Mormann. Er ist einer der beiden Geschäftsführer des zahntechnischen Labors »o dente« in Borgholzhausen und nimmt Stellung zur Gesundheitsreform.

Der Spareffekt, der bei den Krankenkassen inzwischen eingetreten sei, so der 43-jährige Experte, sei nicht in der Umstellung des Systems begründet. Die Kassen hätten im Zahnbereich Geld gespart, weil die Patienten sich aufgrund des geringeren Zuschusses weniger Zahnersatz anfertigen ließen.
»Die kassenzahnärztlichen Vereinigungen, Zahnarztgruppen und selbst Krankenkassen räumen Strukturfehler ein. Sie verstecken sich aber hinter dem Rechenschieber, statt unsere, also die zahnmedizinischen Erfahrungen der Basis, zu nutzen«, sagt Martin Mormann. Die Zahntechniker, das letzte Glied der Kette, seien zur Reform nicht einmal gefragt worden. Er halte das Ganze für ein »nicht durchdachtes Reformexperiment«.
Erste Schritte seien 1998 eingeläutet worden, und seither sei fast jedes Jahr etwas verändert worden. »Wir Zahntechniker waren bereit, die Kürzungen mitzutragen -ĂŠallein zwischen 2002 und 2003 wurden unsere Preise um 5 Prozent gesenkt. Doch jetzt geht gar nichts mehr«, betont der Handwerksmeister. Das Labor »o dente« habe 2005 ein besonders schlechtes Jahr gehabt und habe Umsatzeinbußen von 30 Prozent verkraften müssen.
»Wir geben die Hoffnung dennoch nicht auf und haben deshalb erst kürzlich unsere beiden Auszubildenden übernommen. Sie haben ihre Prüfung mit Bestnoten bestanden. Im gesamten Raum Bielefeld haben 52 Azubis ihre Gesellenprüfung abgelegt - sechs wurden nur weiterbeschäftigt«, erklärt der Küingdorfer. Neben den beiden Chefs, Martin Mormann und Bernd Barthold, arbeiten bei »o dente«, das seinen Sitz über dem Neukauf hat und Ärzte im Altkreis Halle sowie im Osnabrücker Raum mit Kronen, Brücken & Co. beliefert, jetzt 14 Mitarbeiter. Vier davon sind Zahntechniker-Meister. Das Credo der Geschäftsführer lautet nach wie vor »Zukunft meistern mit bester Ausbildung«.
Die dreieinhalbjährige Ausbildung zum Zahntechniker, nach dem Optiker einer der schwierigsten Ausbildungsberufe, sei sehr teuer und sehr anspruchsvoll. Inzwischen führe sie jedoch so gut wie sicher in die Arbeitslosigkeit, berichtet der 43-Jährige. Martin Mormann: »1995 gab es in Deutschland noch 82 000 Zahntechniker. Im vergangenen Jahr waren es nur noch 65 000 - 7570 davon waren arbeitslos.« Er habe sich 1992 in Borgholzhausen selbstständig gemacht. Das sei inzwischen aber fast unmöglich geworden, da die Ausrüstung eines zahntechnischen Labors mindestens 400 000 Euro koste.

Artikel vom 09.03.2006