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Jeff ist wieder der Chef

Unterhaltsamer Moderator: Gerhard Pohl (SC Potsdam).

Konkurrenz geht früh in die Knie, »Ami« nutzt den Aufwind

Von Alexander Grohmann (Texte)
und Moritz Winde (Fotos)
Bad Oeynhausen (WB). Erst verspeiste er seine Gegner, dann ließ er sich ein Steak schmecken: Jeff Hartwig genoss nach seiner Flug-Show im Werre-Park die Privilegien des Siegers. Beim Empfang im Casino »kochte« Hartwig die Konkurrenz wie im Wettkampf ab. Während es für die anderen einen kleinen »Snack« gab, wurde dem Überflieger aus Arkansas ein saftiges Premium-Stück Fleisch serviert. Gaumenfreuden des großen Gewinners.

Keine Frage: Die Sonder-Rechte hatte sich der Dauer-Sieger aus den Vereinigten Staaten mit seinem vierten Erfolg beim 5. Stabhochsprung-Meeting redlich verdient. Nachdem er mit dem deutschen WM-Teilnehmer Fabian Schulze bei 5,80 Meter den letzten verbliebenen Rivalen aus dem Feld geschlagen hatte, war die Zeit reif für die Verlängerung. Der »Ami« wollte den Aufwind für eine neue Jahresweltbestleistung ausnutzen und ging volles Risiko: Statt die Latte nur um fünf Zentimeter aufstocken zu lassen, griff der Dominator gleich die 5,90 Meter an. Ein Höhen-Happen, an dem sich aber auch der erfolgshungrige Hartwig die Zähne ausbiss. Auch die schnell vom Center-Management ausgelobte Extra-Prämie in Höhe von 1000-Euro half Hartwig nicht über die Höhe. Moderator Gerhard Pohl von Ausrichter SC Potsdam und mehrere Tausend begeisterte Zuschauer verneigten sich dennoch vor der herausragenden Leistung des einfach nicht nachlassenden Höhenjägers: »Danke, Jeff!«, kommentierte Pohl die erneute »Pole«.
Titelverteidiger Björn Otto mit einer verstopften Nase und angegriffenem Körper schon früh aus dem Rennen (siehe Bericht links), Sechs-Meter-Springer Danny Ecker nur als Zuschauer in der Halle -Êda war der Weg frei für den Branche-Oldie. Der 38-Jährige ließ sich wieder mal vom Bad Oeynhausener Publikum beflügeln. »Ich bekomme von so einer Zuschauer-Menge unheimlich viel Energie. Ich liebe es, hier zu springen«, so Hartwig, der schon 2002, 2003 und 2004 triumphierte. Im Vorjahr hatte Otto dem routinierten Regenten die »Herrschaft« entrissen. Eine Pleite, nach der Hartwig kein Auge zubekam. »Nach Niederlagen schlafe ich schlecht.« Vorgestern war Jeff wieder der Chef im Ring.
Nach dem ereignislos verlaufenen Wettkampf der Frauen, in dem Trainingspartnerin Jill Schwartz am Freitag mit 4,40 Meter das »amerikanische Wochenende« eingeläutet hatte, legte Hartwig nach. 38 Jahre und kein bisschen müde - was ist das Erfolgsgeheimnis? »Ich focussiere mich voll auf mein Ziel. Ich will nicht nur mitspringen, sondern immer vorne dabei sein.« Hartwig ist mit den Jahren gereift wie ein guter Wein: »Als ich jung war, war ich nicht so gut.« Im Herbst seiner Karriere will der Höhenflug dagegen nicht enden. Trotz des vierten Meeting-Triumphes und dem Besitz der Jahresweltbestleistung -Ê bei der Hallen-Weltmeisterschaft in Moskau sieht Hartwig einen Deutschen in der Favoritenrolle. »Tim Lobinger hat in diesem Jahr schon öfter die 5,80 Meter geschafft als ich.« Schlaflos macht ihn diese Aussicht aber ganz bestimmt nicht.

Artikel vom 06.03.2006