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Die Poesie des Sarkasmus

Heimspiel: Wiglaf Droste kehrt zu den Wurzeln zurück


Herford (HK). Es sei schon ein komisches Gefühl für ihn, im »Elfenbein« aufzutreten, bekannte Wiglaf Droste, der bekannte Satiriker: Bis vor 22 Jahren habe er quasi um die Ecke, Im kleinen Felde gewohnt, und die Räumlichkeiten des »Elfenbein« seien ihm als Gaststätte Spilker bestens vertraut. Der Prophet also zurück in seiner Heimatstadt? Droste konnte sich nicht beklagen. Zwar war der Saal am Freitagabend nicht ganz gefüllt, aber die Begeisterung des Publikums über seine meist äußerst bissigen Pointen entlud sich in kreischendem Gelächter bis hin zu launigen Repliken, so dass er zurückfragte, ob das hier jetzt eine »studentische Mitmachveranstaltung« werde.
Droste ist ein Künstler, der Satire mit einer poetischen Ader verbindet. Seine Stimme hat etwas Samtiges, Sinnliches, und mit dieser sanften Stimme (im »Elfenbein« etwas durch Schnupfen beeinträchtigt) bringt er die härtesten Sarkasmen. Er wagte sich sogar ans Singen, völlig ohne jede Begleitung. Sein erstes Lied war eine Fassung von »Blowin' in the wind« auf »Pidgin-Deutsch«, die beiden anderen verrieten sein Faible für Western.
So etwas wie »politische Korrektheit« ist Droste völlig fremd. Wo er Beschränktheit, Ichsucht, Fanatismus wittert, nennt er Ross und Reiter und schlägt gnadenlos zu, ob seine Gegner Beckenbauer, Küng, Biermann, Reich-Ranicki oder Reinhold Messner heißen. Voller Verachtung sezierte er dessen Buch »Gobi. Die Wüste in mir« und konstatierte, in diesem Buch gebe es nur eines, nämlich das Ich des Autors, der seine Leserschaft mit den peinlichsten Details über seine Person langweile. »Sollte in einem Reisebuch, das ÝGobiÜ heißt, diese Wüste nicht wenigstens am Rande vorkommen?«
Kaum besser kommt Hans Küng bei ihm weg. Der Autor versetze ihn in eine Situation, die eigener Erfahrung entspreche, von der er aber sagte, er wünsche sie nur seinem ärgsten Feind: eine Lesung in der »Erlebnisbuchhandlung im Marktkauf-Einkaufszentrum« in Eisenach. »Der Titel ist echt«, versicherte er. Realsatire ist sein Steckenpferd: Droste reibt sich immer wieder an alltäglichen Situationen, die man normalerweise leicht verdrängt, und beschreibt ihre Unmenschlichkeit. Ein Ausflug ins Kalauern beschloss den höchst amüsanten, aber auch nachdenklich machenden Abend.
Sein neues Buch, das kommende Woche erscheinen soll, heißt übrigens »Kafkas Affe stampft den Blues«. Gerd Büntzly

Artikel vom 06.03.2006