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Die dunkle Seite von »Casa Nostra«

Folge 3 der Serie über Olaf O. : Immobilien-Geschäfte geben viele Rätsel auf

Gütersloh (WB). Mit der Erhebung der Anklage gegen den ehemaligen Gütersloher Rechtsanwalt und Berufsbetruer Olaf O. sind umfangreiche Ermittlungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft zu Ende gegangen. Dieser Fall hat die Öffentlichkeit sehr bewegt. Das WESTFALEN-BLATT zeichnet diesen spektakulären Kriminalfall in seiner Serie nach. Der 43-jährige O. wird - wie mehrfach berichtet - beschuldigt, hilfsbedürftige Menschen um einen Millionenbetrag betrogen zu haben. Heute: Folge 3.

Von 1999 bis Mitte 2004, so die Recherchen dieser Zeitung, hat Olaf O. insgesamt 15 Immobilien im Kreis Gütersloh erworben. Manche Gebäude und Wohnungen ließ er notdürftig umbauen und quartierte dort dann seine Betreuten ein. Er kaufte Häuser in Harsewinkel, Greffen, Isselhorst, Gütersloh und Verl. Diese finanzierte er mit Hilfe von heimischen Banken, darunter auch die Sparkasse Gütersloh. Die Haus- oder Wohnungsvermietungen wurden über eine Hausverwaltung abgewickelt, die O. kontrollierte. 2004 gründete er die Casa Nostra Immobilienverwaltung & Immobiliendienstleistung GmbH & Co. KG. Als offizieller Geschäftsführer dieser Firma steht im Handelsregister der Name Werner Sieg. Die »Casa Nostra« (übersetzt »Unser Haus«) trat jedoch auf dem Gütersloher Immobilienmarkt nie in Erscheinung. Das Kerngeschäft des Unternehmens lag in der Verwaltung von Immobilien - von der Vermietung über Nebenkostenabrechnungen bis zu Kleinreparaturen und der Pflege von Grünanlagen. Zum »Pflegebestand« zählten vor allem die Objekte, in denen seine Betreuten wohnten. Firmensitz der Casa Nostra war die Carl-Bertelsmann-Straße 59, jene Adresse, unter der auch Olaf O. mit seiner Kanzlei residierte. Das schmucke, weiße Gebäude hatte der Ex-Anwalt im Oktober 2003 aus einer Insolvenzmasse erworben. Die Kaufverhandlungen mit der Sparkasse Gütersloh hatten sich über zwei Jahre hingezogen. Zuletzt soll das Haus einen Verkehrswert in Höhe von knapp 721 000 Euro gehabt haben. Wieviel der damalige Berufsbetreuer letztendlich tatsächlich bezahlt hatte, ist nicht bekannt. O.s-Anwaltsbüro war zuvor an der Siegfriedstraße ansässig gewesen.
Die Casa Nostra ist im Juli 2005 in die Insolvenz geraten. Rechtsanwalt Dr. Norbert Westhoff aus Bielefeld, der zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden war, musste die Eröffnung des Verfahrens mangels Masse ablehnen. Er schrieb in seinem Gutachten: »Die Gesellschaft habe sich mit der Verwaltung von Immobilien beschäftigt, die O. gehörten. Sie hatte keinen Geschäftsbetrieb und diente als Umschlagplatz für finanzielle Transaktionen im Zusammenhang mit seinen Privatimmobilien.« Westhoff stellte auch fest, dass alle Vorgänge oder Buchungen kaum »durchschaubar« waren. Sie seien auch vom Gesellschaftszweck des Unternehmens nicht gedeckt gewesen. Interessant ist auch die Tatsache, dass O. seine Immobilien im Februar und März 2005 auf seine Ehefrau übertragen hat. Zu diesem Zeitpunkt war er längst in das Visier der Justiz geraten, denn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bielefeld waren bereits in vollem Gange.
Neben der Casa Nostra GmbH & Co. KG gab es noch eine »Casa Nostra Dienstleistung GmbH«. Deren Geschäft waren »Dienstleistungen im Sozial-, Gesundheits- und Wirtschaftswesen«, soweit diese nicht durch besondere Vorschriften genehmigungsfähig waren. Als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer trat in diesem Unternehmen seit Januar 2005 Olaf O. persönlich auf. Aus dem Geschäftskonto soll ersichtlich sein, dass dort in großem Umfang Pflege- und Betreuungsgelder aus den Betreuungsmandaten geflossen sein sollen. Mit diesen Geldern soll O. Reparaturen und Handwerkerarbeiten bezahlt haben.
Insolvenzverwalter Dr. Norbert Westhoff bestätigte im August 2005 dem WESTFALEN-BLATT, dass im Geschäftsjahr 2004 die Ausgaben die Einnahmen bei weitem überstiegen. Der Ex-Rechtsanwalt soll die entstandene Deckungslücke durch private Geldeinlagen abgedeckt haben. Informationen, dass diese Einlagen damals etwa 500 000 Euro betragen haben, wollte Westhoff weder bestätigen noch dementieren.
Bis zu seiner Festnahme lebte Olaf O. mit seiner Ehefrau und seinen drei Kindern auf dem elterlichen Anwesen in Harsewinkel-Marienfeld. Eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft in Höhe von 300 000 Euro, die von seiner Mutter bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld hinterlegt worden war, führte zur Außervollzugsetzung des Haftbefehls. Heute wohnt er in der Wohnung seiner derzeitigen Lebensgefährtin in Bielefeld. In seinem Geständnis soll O. geäußert haben, dass er nicht wieder zu seiner Ehefrau zurückkehren werde. Er wolle sich mit seiner neuen Lebenspartnerin eine andere Zukunft aufbauen.
Dass der frühere Dressurreiter Verbindungen ins Rotlichtmilieu haben soll, hat er immer bestritten. In einigen seiner Wohnungen sollen jedoch auch Prostituierte gewohnt haben. O. erklärte stets, er habe die Wohneinheiten zwar an Damen vermietet. Was aber darin geschehe, interessiere ihn nicht. Kurz vor seiner Festnahme soll er bei Bekannten geprahlt haben, er hätte so gute Beziehungen, dass er einen Koffer voller Geld auf dem Kiez in Hamburg über Nacht stehen lassen könne. Der wäre am nächsten Morgen unberührt immer noch da . . .
Nächste Folge am Samstag, 11. März: So kam O. an das Geld seiner Betreuten.

Artikel vom 04.03.2006