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Mit äußerster Präzision

Spannender Klavierabend im NWD-Studio


Herford (HK). Einen spannenden Klavierabend gaben die Pianisten Fabio Bidini und Gabrele Leporati im Studio der Nordwestdeutschen Philharmonie. Sie spielten die beiden Suiten von Sergej Rachmaninow für zwei Klaviere, »Scaramouche« von Darius Milhaud sowie Béla Bartóks Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug aus dem Jahre 1943.
Rachmaninows Suiten op. 5 und op. 17 könnten gegensätzlicher nicht sein: die erste ist nostalgisch, ja tränenreich, eine Hymne an die Natur, den Gesang der Vögel, die Liebe. Sie endet aber in einem höchst erstaunlichen Satz, der ganz im 20. Jahrhundert angekommen ist: Die Klaviere ahmen russische Kirchenglocken nach. Der Satz hat keine Melodien, ist somit unthematisch, besteht nur aus Rhythmus und Klang.
Die 2. Suite beginnt mit kraftvollen Marschrhythmen und einem geheimnisvoll-eiligen Walzer. Einen nostalgischen Ton bringt allenfalls der langsame Satz, eine »Romance«, der letzte ist eine virtuose Tarantella. Wie die beiden Pianisten einander die Themen abgaben, war fabelhaft. Bidinis Mienenspiel drückte alle Gefühle der Partitur aus, bis hin zu schmerzlichster Bewegung bei der Satzbezeichnung »Larmes« (Tränen). Das oft gespielte Bravourstück »Scaramouche« von Darius Milhaud fiel dagegen etwas ab: Offenbar war den beiden Virtuosen die Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug von Béla Bartók wichtiger. Es ist ein düsteres Werk, bei dem das Schlagzeug (gespielt von Daniel Townsend und Addo Gerards) die beiden Klaviere allerdings gelegentlich etwas übertönte.
Bartók setzt das Xylophon oft als Melodieinstrument ein: es greift die Melodien der Klaviere auf, verstärkt aber auch den unheimlichen Klang. Dramatisch war besonders der Einsatz der chromatisch verstellbaren Pedalpauke. Äußerste Präzision im Zusammenspiel der vier Musiker war gefordert. Großartig auch die fugierten Einsätze. Mit bitterer Ironie schließt das Werk: Die Klaviere intonieren einige ratlos-harmlose Volksmelodien und schließen in einem banalen C-Dur, das allerdings von den drohenden Klängen der Schlagzeuger konterkariert wird.
Die großartige Leistung der vier Solisten wurde von den Zuhörern mit begeistertem Applaus belohnt.
Gerd Büntzly

Artikel vom 04.03.2006