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»Nur nicht vor Glück
die Nerven verlieren!«

Kabarettist Erwin Grosche zu Gast im Kulturforum

Warburg (sf). Ein wunderbares Menü aus poetischen und witzigen Delikatessen bot der vielfach ausgezeichnete Kabarettist Erwin Grosche am Sonntagabend im ausverkauften Kulturforum. In seinem Programm »Warmduscher-Report« zitierte er sich selbst mit Texten und Liedern aus 25 Jahren.

Grosche fängt die flüchtigen Momente im Leben ein, in denen man kurze Bilanzen zieht. Solche des Glücks und des Abschieds, meist von Illusionen. Oft selbstironisch und nicht unter die Gürtellinie. Das mögen die Leute an ihm, und diese Sympathie war auch gegenseitig immer spürbar.
Er erzählte aus der Parallelwelt eines Ehemannes, der gerade keiner ist, weil er denkt, seine Frau hätte ihn verlassen. Deshalb macht er sich gemütlich. Er breitet die Zeitungen auf dem Sofa aus, isst seine Frikadelle lieber ohne Petersilie und Bistroteller, nimmt die Fernbedienung in die Hand: Das Wohnzimmer ist seines. Doch, verflixt, die Frau war nur mal eben Milch kaufen. Sich selbst sagt er manchmal Nettigkeiten auf den Anrufbeantworter, mit verstellter Stimme, man ist ja nicht blöd.
Erwin Grosche inszenierte die »Nivea-Huldigungen«, »Die letzten Raucher« und die »Berufsbilder«. Er kündigte an: »Und jetzt erzähle ich etwas von meiner Frau« (das Publikum reagierte mehrstimmig mit »Oh, nein!«) und amüsierte sich über die Suche nach Abenteuern. Zum Beispiel solle Rüdiger Nehberg sich doch mal trauen, bei ihm zu Hause vorbeizukommen, bevor er mit dem Spülen angefangen habe - das sei Wildnis. Und ein Abenteuer im Kleinen sei es, sich morgens die Zähne mit Elmex und abends mit Aronal zu putzen. »Der Tag fängt doch gleich ganz anders an, wenn man etwas riskiert.«
Auch über Paderborn und die Paderborner spricht er gern, dort seien die Naturgewalten berechenbar, nicht aber die Menschen. Beim Karneval aber seien die Paderborner sehr diszipliniert. »Wenn sie sagen, sei feiern von 14 bis 18 Uhr, dann feiern sie von 14 bis 18 Uhr.«
Auf dem Paderborner »Palavermarkt« gebe es nur gesunde Sachen, »aber manchmal will man ja auch etwas anderes haben.« Flaschenpfand müsse man dort auch bezahlen, wenn man sein Wasser mal eben im Stehen am Stand trinken wolle. Es könnte ja das Glück seines Lebens vorbeilaufen und er selbst laufe, noch mit der Flasche in der Hand, hinterher. »Das ist meine Heimatstadt, nur nicht vor Glück die Nerven verlieren!« Dann begleitete er sich selbst auf einem Akkordeon zu seinem Chanson »Wie kann man dem Glück noch viel näher sein«.

Artikel vom 28.02.2006