28.02.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Eine abscheuliche Bluttat
kostet Brakeler (48) das Leben

Zwei Jahre nach dem Mord an Burkhard P. ist der Täter verurteilt

Von Ingo Schmitz
Brakel/Göttingen (WB). Der Mord im Solling ist nach der Bluttat der Jüschke-Brüder einer der spektakulärsten Kriminalfälle, die den Kreis Höxter in Atem gehalten haben. Erst zwei Jahre nach der Tat und nach 52 Verhandlungstagen fällte das Landgericht Göttingen gestern das Urteil: lebenslänglich. Das WESTFALEN-BLATT nimmt dies zum Anlass, den recht verworrenen Fall zu beleuchten.

Der Brakeler Lastwagenfahrer Burkhard P. hat nach dem Tod seiner zweiten Frau wieder sein Glück gefunden. Mit seiner erst im Januar 2004 angetrauten Martina freut er sich auf seinen Nachwuchs. Was er nicht ahnt: Zu diesem Zeitpunkt wird er bereits von dem arbeitslosen Ex-Freund seiner Frau systematisch verfolgt. Die Geburt der Zwillinge wird der 48-Jährige nicht mehr erleben.
Am Morgen des 5. Februar 2004 wird Burkhard P. auf einem einsamen Waldweg im Solling im Bereich der »Großen Blöße« um 7.15 Uhr ermordet. Als sich der Todesschütze nähert, sitzt das nichts ahnende Opfer auf dem Kran seines Lastwagens und verlädt Holzstämme. Der 48-Jährige wird regelrecht hingerichtet. Das medizinische Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die erste Kugel in den Rücken, die zweite direkt in die Schläfe trifft. Burkhard P. ist sofort tot. Vier Stunden später wird die Leiche von einem Förster entdeckt.
Die Suche nach seinem Mörder gestaltet sich schwierig, es gibt keine Zeugen, keine Anhaltspunkte und nur wenige Indizien. Auch von der Neun-Millimeter-Waffe fehlt jede Spur. Die Mordkommission »Holz« der Polizeiinspektion Northeim beschäftigt vor allem eine Frage: Wer hat ein Motiv für diese widerwärtige Tat? Die Polizei stochert einige Zeit im Nebel bis die Witwe Martina P. gegenüber den Ermittlern ihren schrecklichen Verdacht äußert, dass ihr ehemaliger Lebensgefährte Dirk M. (41), von dem sie sich vor fünf Jahren getrennt hat, der Mörder ihres Mannes sein könnte. Kurz nach dem Tipp an die Mordkommission »Holz« meldet sich Dirk M. sogar bei ihr und gratuliert ihr nachträglich zur Hochzeit.
Die Polizei verfolgt die heiße Spur und stößt auf den Motorradclub »Flame Eyes« mit Sitz in Lauenförde. Dirk M., der Mitglied in diesem Club ist, wird von der Polizei observiert und am 24. Februar 2004 -Êdrei Wochen nach der Tat -Êfestgenommen. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich um eine Eifersuchtstat handelt. Der Heizungsbauer, der in Holzminden mit seiner Lebensgefährtin und seinem Kind zusammen lebt und in Silberborn ein Haus hat, streitet jedoch von Beginn an ab, dass er den Mord begangen hat. Dennoch bleibt er in Untersuchungshaft, bis am 28. Oktober 2004 der Prozess am Landgericht Göttingen eröffnet wird. Gleich am ersten Verhandlungstag lässt sein Verteidiger Dr. Holger Rostek eine Bombe platzen: Sein Mandant behauptet, zwar am Tatort gewesen zu sein, die tödlichen Schüsse habe aber ein Freund ohne sein Wissen abgegeben.
Dieser besagte Freund sitzt während der Verlesung der Erklärung im Zuschauerraum des Gerichtssaals. Bevor die Handschellen zuschnappen können, verschwindet der Beschuldigte aus dem Gericht, fährt nach Hause, berät sich dort mit einem Anwalt und geht zur Polizei. Am nächsten Tag sitzt der Stahlbauschlosser aus Holzminden, der ebenfalls Mitglied im Motorradclub ist, im Zeugenstand. Er bestreitet ebenfalls, den Mord begangen zu haben und verweist auf sein Alibi, das ihm seine Frau gibt. Während der nächsten fast 50 Verhandlungstage versucht Dr. Holger Rostek zu beweisen, dass nicht sein Mandant, sondern der beschuldigte Stahlbauschlosser der Mörder von Burkhard P. ist. Immer wieder wird der Zeuge mit seiner bewegten Vergangenheit konfrontiert. Unzählige Zeugen berichten über brutale Schlägereien. Angeblich soll der Stahlbauschlosser vor einigen Jahren sogar auf eine Nachbarin geschossen und diese nur knapp verfehlt haben. Damals soll ein Bekannter die Schuld auf sich genommen haben. Das Landgericht Hildesheim rollt den alten Fall erneut auf.
Staatsanwalt Jörg Mahlmann hält trotz dieser Aussagen Dirk M. für den Mörder von Burkhard P. Seiner Ansicht nach könnte aber der Stahlbauschlosser die Tatwaffe geliefert haben.
Auch Ludowiga P., die Mutter des Mordopfers, ist überzeugt, dass Dirk M. der Täter ist: »Den Verlust kann ich nicht verkraften. Ich bin aber erleichtert, dass es jetzt ein Urteil gibt.«

Artikel vom 28.02.2006