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Teure Energie trifft den Pflanzplan

Tomaten kommen später in den Topf - Ulenburger Biolandgärtner voll beschäftigt

Von Reinhard Kehmeier
(Text und Fotos)
Löhne (LZ). Auch die Biogärtner kämpfen mit hohen Energiepreisen. Die Tomaten in der Gärtnerei Ulenburg sollen deshalb dieses Jahr zehn Tage später ausgepflanzt werden.

Die ersten gelben Blüten sind schon erkennbar bei den starken wüchsigen Campari-Tomaten, die Gärtnermeisterin Bettina Wöhning zeigt: »Sie ist etwas kleiner vom Ertrag mit 60-bis-70 Gramm-Früchten statt der normalen bis 90 Gramm, dafür haben sie mehr Geschmack.«
Die Pflanzung der Gurken ist auf den 5. April verschoben worden, um die Heizkostenrechnung nicht allzu sehr zu strapazieren. Geheizt wird mit Gas und Unterstützung durch Öl. Immerhin sind 5000 Quadratmeter der großen Glasfächen an der Dorfstraße 89 für die Anzucht beheizbar. Der vor 26 Jahren gegründete Biolandbetrieb Gärtnerei Ulenburg zieht die Jungpflanzen alle selbst: 1,5 Millionen Stück. Ende Dezember wird schon der erste Salat für die Gewächshäuser vorbereitet. Keimkammern in unscheibaren Containern haben für alle Kulturen die richtigen Temperaturen parat.
Immerhin sind es etwa 40 Kulturen, die Ulenburg anbietet. Dem Pachtbetrieb stehen 42 Hektar Anbaufläche im Freiland zur Verfügung, auf vier Hektar werden Möhren gezogen. Sie kommen jetzt aus dem 450 Quadratmeter großen Kühlhaus aufs Band zur Sortierung. Futtermöhren werden an Ort und Stelle verkauft.
Die Gärtnerei wird geführt von 20 Mitarbeitern und selbst verwaltet. Bis zu neun Auszubildende werden aufgenommen. Im Kollektiv wird am runden Tisch über alle relevanten Fragen entschieden bis hin zur Höhe des Lohns. Aus dem Raum Löhne sind sechs Erntehilfen halbtags beschäftigt, 18 Saison-Aushilfen kommen aus Polen und der Slowakei.
Hauptstandbein für die Vermarktung ist die Naturkost-Großhandlung Weiling in Coesfeld, die »Löwenzahn« übernommen hat. Bis zu drei eigene LKW und zwei Verkaufsanhänger werden sechs Mal die Woche zu den Märkten in Bielefeld, Lemgo, Herford, Bünde und Bad Salzuflen in Marsch gesetzt. Das nächst gelegene Verkaufsgeschäft mit Produkten der Gärtnerei Ulenburg ist der »Fruchtboden« an der Ulenburger Allee 70 des benachbarten Bioland-Betriebs Gerd Flachmeier.
Die Gärtner aus der Dorfstraße gehören zu Pionieren des Anbaus ohne Pestizide, künstliche Dünger und mit viel Handarbeit. Seit 15 Jahren haben sich fünf Familien niedergelassen mit der Herkunft aus Hamburg bis Bayern und zum Schwabenland. Zehn Kinder gehören zum Hof. Eigenarbeit wird großgeschrieben und senkt die Kosten. Eine mechanische Werkstatt, geführt von einem Maschinenbau-Ingenieur, ist die erste Adresse bei den anfallenden Reparaturen.
Obwohl der Aufwand steigt - die Produkte werden frisch vom Feld mit Tagesstempel auf den Kisten verkauft -ĂŠkommt der Erlös kaum hinterher. Nur in Krisenzeiten steigt vorübergehend die Nachfrage, sagt Bettina Wöhning: »Gefragt ist Convenience, aufbereitete Produkte. Dabei wäre der eigene Suppentopf mit Sellerie, Möhre & Co. schnell, preiswert und gut auf den Tisch zu bringen.«

Artikel vom 25.02.2006