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»Dann trainier' uns doch selbst!«

Renate Schubert (63) bringt die Torhüter des Zweitligisten TuS Spenge in Form

Von Lars Krückemeyer
Werther (WB). Carsten Mundhenk kommt kleinlaut um die Ecke. »Jaja, ich weiß schon, einen zu wenig gehalten«, begrüßt er Renate Schubert vor dem ersten Training nach der 32:33-Niederlage des Handball-Zweitligisten TuS Spenge in Stralsund. »Ach, Keeper, die anderen hätten auch einen mehr werfen können«, »entlastet« ihn die 63-jährige Wertheranerin, die seit dieser Saison das Torwarttraining beim TuS übernommen hat und bis zu zweimal in der Woche Mundhenk und Johnny Dähne (früher TV Werther) in Form bringt.

»Renate macht das sehr professionell und ist echt ein Glücksfall für uns. Ich bin froh, dass ich bei ihrer Verpflichtung zugestimmt habe«, lobt Trainer Walter Schu-bert, übrigens nicht verwandt, die Arbeit seiner Kollegin.
Dass Renate Schubert, die als Spielerin und Trainerin große Erfolge im Frauen- und weiblichen Jugendbereich gefeiert hat (siehe Kasten), nun auch das Spenger Torwartgespann auf Trab bringt, hat sich die inzwischen pensionierte, langjährige Dozentin für Sportwissenschaften an der Uni Bielefeld mehr oder weniger selber eingebrockt. »Ich kannte Carsten und Johnny als Studenten und habe sie bei den deutschen Hochschulmeisterschaften in einer Mannschaft spielen sehen. Danach habe ich ihnen gesagt, dass sie sich noch um einiges verbessern könnten«, erinnert sich Renate Schubert. Der Ehrgeiz der beiden Keeper war damit geweckt. »Dann trainier' uns doch selbst«, ließ die entsprechende Anfrage nicht lange auf sich warten und stieß auch bei den Spenger Verantwortlichen auf Zustimmung. Nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil Renate Schubert ihre Arbeit als Freundschaftsdienst versteht und nicht auf der Gehaltsliste steht. »Ich mache das nur zum Spaß, und den habe ich hier mit Carsten und Johnny. Sie sind zwar unterschiedliche Torwart-Typen, aber immer motiviert«, versichert sie.
Im Laufe der Jahre als Trainerin hat Renate Schubert immer mehr Wert auf ein gutes und angepasstes Torwart-Training gelegt, die Fakten dafür liegen auf der Hand. »Torhüter muss man pflegen, sie stehen in jedem Spiel unter einer großen psychischen Belastung, kassieren harte Körpertreffer aus kürzester Entfernung, und durch das schneller gewordene Spiel kommen immer mehr Bälle auf das Tor«, nennt sie einige Gründe, warum ihr die spezielle Betreuung der Schlussmänner so wichtig ist.
Und da ist es mit normalem Wurftraining nicht getan. Während sich die Feldspieler montags nach dem traditionellen Fußballspiel »Jung gegen Alt« in Walter Schuberts Obhut begeben, »verziehen« sich die Keeper und der verletzte Marco Steffen als Assistent mit Renate Schubert in ein abgetrenntes Drittel. Doch was die 63-Jährige da aus ihrer Trainingstasche holt, erinnert so gar nicht an Bundesliga-Handball. »Wer kleine Bälle hält, hält auch große«, kramt Renate Schubert ein Dutzend Kugeln hervor, die nicht mal bei den Minis zum Einsatz kämen. Auch die blauen Schaumstoff-Stangen, die üblicherweise zur Wassergymnastik benutzt werden, lösen auf den ersten Blick Verwunderung aus. Als Carsten Mundhenk und Johnny Dähne aber wenig später damit ihre Sprungkraft trainieren und die weichen Stangen Schienbein schonend nachgeben, wird auch der Sinn dieser Geräte klar. »Die Torhüter haben ein Anrecht auf ein wohlkonzipiertes Training. Sie müssen einen Anreiz haben und wissen, dass da einer mit ihnen trainiert, der vorbereitet ist«, erklärt Renate Schubert ihre Philosophie.
Der Erfolg gibt ihr Recht, denn vor allem Carsten Mundhenk hatte großen Anteil daran, dass der TuS bis zum Ahlen-Spiel die beste Abwehr der Liga stellte. Auch Johnny Dähne scheint das Training bei Renate Schubert zu gefallen, denn trotz der geringen Einsatzzeiten gilt es als sicher, dass nach Mundhenk auch er seinen Vertrag verlängert.

Artikel vom 25.02.2006