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»Kürzung an völlig
falscher Stelle«

AWO-Eheberatung: SPD contra Kreistags-Mehrheit

Kreis Herford (HK). »Wenn wir jetzt nicht für solche Einrichtungen kämpfen«, sagte Norbert Wellmann, »dann werden wir viel verlieren.« Der Vorsitzende des Kreissozialausschusses ist zugleich Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt (AWO) im Wittekindsland. Deren Ehe- und Familienberatungsstelle ist in der Existenz bedroht, da der Kreis einen Zuschuss in Höhe von 15 000 Euro streichen will. Die SPD-Fraktion im Kreistag ist dagegen und besuchte jetzt die Einrichtung in Löhne.

»Der Wegfall des Zuschusses und die bereits angekündigte Landeskürzung bedeuten das Aus«, sagt AWO-Geschäftsführer Günter Busse. Die Kreistagsfraktionen der CDU, FDP und der Freien Wähler hatten die Streichliste erarbeitet. Über deren Auswirkungen informierten sich jetzt zehn Fachpolitiker der SPD-Fraktion vor Ort.
In der Löhner Beratungsstelle arbeiten Annette Böndel und Doris Heininger seit 24 Jahren. 95 000 Euro beträgt das Jahresbudget der Einrichtung. Davonzahlt die Stadt Löhne 40 000 Euro, die AWO steuert rund 10 bis 12 000 Euro bei. Außerdem überwies bislang der Kreis 15 000 Euro jährlich, den Rest erstattete das Land. Die Ehe- und Lebensberatung ist ein vorbeugendes Angebot für Familien.
»Ohne Hilfe von außen verlagern Paare ihre Probleme auf die Kinder, ein Ehepartner erkrankt oder das Paar trennt sich vorschnell«, erklärt Böndel. Doch soweit soll es nicht kommen. Die Mitarbeiter helfen bei der Krisenbewältigung und unterstützen bei der Neuorientierung. Im vergangenen Jahr führten die Beraterinnen mit 370 Menschen insgesamt 1012 Gespräche von mindestens 60-minütiger Dauer. 199 Ratsuchende kamen aus Löhne, der Rest aus dem Kreis Herford. In zwei Dritteln der Fälle geht es um Eltern mit minderjährigen Kindern. Böndel: »Psychiatrische oder kriminelle Karrieren fangen meist nicht urplötzlich im Jugendalter an, sondern beginnen in früh geknickten Kinderseelen.« Nicht jedes Kind entwickle auffällige Verhaltensstörungen, aber familiäre Probleme erhöhen deren Wahrscheinlichkeit.
»Die Streichungen sind hier an der völlig falschen Stelle«, betonte Hans Stüwe. Nach Ansicht des SPD-Fraktionsvorsitzenden müsste die Förderung eher erhöht als gekürzt werden. Im Hinblick auf die »knappen Kassen« gab er zu bedenken, dass die Heimunterbringung von Jugendlichen den Steuerzahler pro Platz und Monat 2500 bis 3000 Euro koste.

Artikel vom 24.02.2006