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Gericht klärt Pumpenstreit

Ortsheimatpfleger entdeckt spannenden Fall aus längst vergangenen Tagen

Von Ingo Schmitz
Lütmarsen (WB). Wahre Schätze schlummern im Stadtarchiv Höxter. Sie müssen nur gehoben werden. Wer die nötige Muße und den Ehrgeiz hat, kann dort spannende Geschichten entdecken. So ist es jetzt Lütmarsens Ortsheimatpfleger Karl-Josef Kruse ergangen. Er ist auf einen außergewöhnlichen juristischen Fall gestoßen, der für Lütmarsen Ende des 19. Jahrhunderts von lebenswichtiger Bedeutung war.

»Im Namen des Königs« - diese Worte machten den Ortsheimatpfleger bei seinem Studium im Archiv neugierig. Als er vor einigen Monaten das Stück Papier erspähte und dann näher betrachtete, entdeckte er, dass er auf eine Entscheidung des Königlichen Landgerichts Paderborn gestoßen war. »Das Papier ist bereits 105 Jahre alt«, berichtet Kruse. Den per Hand in Sütterlin geschriebenen Text ließ Kruse von einem Kenner übersetzen. Dabei stellte sich nach Angaben des Ortsheimatpflegers heraus: »In dem Rechtsstreit zwischen dem Höxteraner Pumpenmacher Heinrich Zumziel und der Gemeinde Lütmarsen ging es um die Versorgung der Ortschaft mit Trinkwasser.«
Zumziel hatte eine Pumpe installiert, die weder die erhoffte, noch die erforderliche Menge förderte, um die Bürger mit dem lebenswichtigen Nass zu versorgen. Die Gemeinde forderte eine Nachbesserung. Doch die wollte der Pumpenbauer nicht ausführen. Er behauptete, seine Pumpe funktioniere einwandfrei. Wenn überhaupt, dann hätten Kinder Steine in den Brunnen geworfen. Es kam zum Rechtsstreit. »Allerdings ging der Handwerker sowohl in erster, als auch in zweiter Instanz als Verlierer hervor. Nun musste er nachbessern«, bemerkt Kruse.
Der Fall fesselte den Heimatforscher derart, dass er weitere Recherchen anstellte. »Ich wollte wissen, wo genau die Pumpe gestanden hat, bevor 1953 die Wasserleitung mit dem Namen St. Antoniusborn eingeweiht wurde«, berichtet Kruse. Ältere Bürger aus dem Ort gaben den entscheidenden Hinweis auf den Standort des so genannten »Schluckbrunnens«, an dem sich damals die Menschen täglich das Trinkwasser holten. »Denn zum Waschen gingen die Menschen an den Bach«, erzählt Kruse. Inzwischen weiß der Heimatforscher auch: »Die Pumpe stand zentral im Ort unweit der Pfarrkirche.«
Nachdem diese Frage geklärt war, machte sich der Ortsheimatpfleger auf die Suche nach der Pumpe. Er gab mehrere Zeitungsanzeigen auf und siehe da: Auch diesmal wurde er fündig. Ein Landwirt aus Uslar meldete sich. Karl-Josef Kruse kaufte dem Landwirt das große Gerät, das sich in einem sehr schlechten Zustand befand, ab. »Es ist zwar nicht die Lütmarser Pumpe, sie ist aber absolut baugleich«, stellt Kruse begeistert fest. Der Pumpenkörper ist aus Kupfer und allein der Schwengel ist 1,30 Meter lang. Wenn er sie restauriert hat, soll sie schon bald mitten im Ort angebracht werden -Êwie anno dazumal.
Inzwischen hat der Ortsheimatpfleger mit Unterstützung des bekannten Rentnerteams die entsprechenden Vorarbeiten ausgeführt. Es wurde am historischen Standort der zentralen Wasserversorgung wie damals zur Jahrhundertwende eine Mauer aus Backsteinen gezogen. Bei den Arbeiten stießen die Handwerker auf eine große Überraschung: Sie entdeckten per Zufall die beiden Rohre wieder, die Pumpenbauer Zumziel in den Jahren 1898 und 1901 geschlagen hatte.
Die Einweihung der Pumpe soll mit einem Dorffest am Freitag, 28. April, verbunden werden. Der Ortsheimatpfleger will das Ereignis mit einer historischen Wanderung durch das Dorf einleiten. Ziel ist es, den Teilnehmern die Historie der alten Gebäude im Ort vorzustellen. An diesem Tag soll außerdem in Lütmarsen der Maibaum aufgestellt werden. Er ist sichtbares Zeichen für das Fest des Schützenvereins. Der veranstaltet am Sonntag, 30. April, den beliebten »Tanz in den Mai«.
Kruses Tatendrang ist ungebremst. Er hat noch weitere Projekte parat: Am Lütmarser Friedhof soll ein Geschichtsdenkmal entstehen und in Kürze wird mit dem Aufschütten des Landwehrwalls begonnen. Im Spätherbst will der Ortsheimatpfleger dann sein Buchprojekt weiterführen, damit es pünktlich zur 1185-Jahr-Feier im Jahre 2008 vorliegt.

Artikel vom 01.03.2006