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Aus Briefen an die Redaktion

»Kahlschlag ohne
Sinn und Nutzen«
Der Landesbetrieb Straßenbau NRW schafft zurzeit an den Landstraßen in der Gemeinde kräftig Luft: Kranke und für den Verkehr gefährliche Bäume werden gefällt, hoch aufgeschossenes Begleitgrün wird beseitigt. Zu unserem Bericht »Radikalschnitt schafft Luft - mit der Säge gegen den Wildwuchs« über die Aktion erreichte die Redaktion ein Leserbrief:
Na endlich! Das tut ja gut! Endlich frische Luft, die Bäume sind weg. Also, es geht doch.
Als Verler Bürger habe ich mich vor einigen Tagen beim Landesstraßenbauamt in Bielefeld erkundigt, welche Notwendigkeit besteht, mit einem Großaufgebot an Mensch und Material dem Bewuchs an der Landstraße 787 mit einer Radikalkur zu Leibe zu rücken. Nun las ich in der Presse die Antwort, der Radikalschnitt schafft Luft und endlich kommt auch der Wildwuchs weg. Ich kann aufatmen, das wird uns allen ja richtig weiterhelfen.
Nur, als harmloser Radfahrer tat mir die Gebüschreihe in Richtung Gütersloh immer gut. Sie schirmte den Radweg gegen die Straße ab. Aber das ist natürlich die egoistische Einschätzung eines Radlers, als Argument gegenüber einer wichtigen Behörde zählt das nicht. Im Detail stellten der Leiter des Landesstraßenbauamtes Bielefeld, Herr Ulrich Windhager, und der Leiter des Unterhaltungsdienstes Betrieb und Verkehr, Herr Volker Poppensieker, bei meiner telefonischen Anfrage klar: »Wir hacken nicht blind Bäume ab. Das Ganze hat schon gewichtige Gründe.« Und wie in der Presse wiesen sie auch mich auf die Gefahren hin, die durch alten hohen Bewuchs für den Straßenverkehr entstünden. Das überzeugt mich nicht. Warum schlägt man dann den Hauptteil der Bäume neben dem Radweg anstatt neben der Straße ab, also genau an der verkehrten Seite?
Zur Frage »Gebüsch« kommen noch plausiblere Argumente: »Ideal«, sagt der Herr der Landesbehörde mir, »ideal ist eine Krautschicht, darüber Hecken und nur vereinzelt höhere Gewächse. Denn die Hecken schirmen ab gegen den Seitenwind, bieten Sichtschutz gegen blendende Autoscheinwerfer, auch für angrenzende Nachbarn und - last, not least -Ê Behausung für verschiedene Tierarten.«
Das ist doch toll, oder? Aber, so könnte ich einwenden, Herr Windhager, Herr Poppensieker, Sie haben mir doch gerade die positiven Seiten der Gebüschreihen aufgezählt. Warum schlagen Sie dann trotzdem, wider Ihre eigenen Erkenntnisse, diesen unschuldigen Bewuchs »ratz-fatz« ab? - Ach so, Sie sagen, in ein paar Jahren ist das Buschwerk wieder nachgewachsen! Ja. Daran habe ich natürlich noch gar nicht gedacht. Dann muss ich ja nur ein paar Jahre warten, diesen Radweg nicht benutzen, dann ist irgendwann alles wieder so wie bisher. Das finde ich wirklich tröstlich. Oder kommen Sie dann wieder mit Ihrem Einsatzkommando? Doch bis dahin ist noch viel Zeit. Auf geht's, in Richtung Kaunitz, immer den Gehölzreihen nach. Dort gibt es noch viel zu tun. Und die Zeit drängt, denn - so war es zu lesen - am 28. Februar ist Schluss, sonst könnten die »Gehölzbrüter« gestört werden. Aber welche »Gehölzbrüter« denn? Das unnütze Gehölz haben Sie doch gerade vollständig beseitigt! Irgendwie habe ich Ihre Erläuterungen und Vorgehensweise wohl doch nicht richtig verstanden. Vielleicht gelingt es mir beim nächsten Mal.
P.S. Übrigens, in Richtung Gütersloh gab es vor Jahren einen ähnlichen Baumschnitt. Auch hier wurde das Gebüsch zwischen Radweg und Straße beseitigt. Aufgetaucht ist es nie wieder. Vielleicht hat die dumme Vegetation einfach vergessen, wieder nachzuwachsen?
DR. RUDOLF LAMMERS
33415 Verl

Artikel vom 25.02.2006