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»Schaufenster für junge Spieler«

SV Avenweddes Trainer steht im Sommer vor einem großen personellen Umbruch

Von Uwe Caspar
(Text und Fotos)
Gütersloh (WB). Erst vor kurzem hat er seinen Vertrag um zwei weitere Jahre verlängert. Aber jetzt schon ist Robert Purkhart der dienstälteste Trainer der ostwestfälischen Fußball-Landesliga - im August geht der 50-Jährige mit dem SV Avenwedde in die 13. Saison hintereinander. Bis auf ein Kurzgastspiel in der Verbandsliga verbrachten der supertreue Coach und seine Mannschaft seit 1994 die komplette Zeit gemeinsam in der sechshöchsten Klasse. Das ist einmalig in dieser Liga. Leider fällt die heutige Partie in Dornberg aus, dennoch zieht »Robby« Bilanz und schaut auch nach vorne.

Was rechnen Sie sich für die Rückrunde aus?Purkhart: Wir wollen noch einmal angreifen, wenngleich der absolute Topfavorit SC Wiedenbrück aufgrund seiner spektakulären Neuverpflichtungen in der Winterpause unsere Liga noch mehr eingeschüchtert hat. Aber Geld schießt keine Tore, das hat man ja schon oft erlebt.
Trauern Sie der Verbandsliga noch nach?Purkhart: Wir hätten nicht absteigen müssen, haben leider in der Hinrunde zu viele Punkte liegen gelassen. Schlussendlich waren wir selber schuld, auch wenn an den letzten sechs, sieben Spieltagen kuriose Ergebnisse unsere Mitkonkurrenten begünstigten. Abgehakt - wir fühlen uns in der Landesliga, wo wir in fast jeder Saison vorne mitmischen, bestens aufgehoben. Auch hier sind wir noch im Videotext präsent.
Warum halten Sie es beim SVA schon so lange aus?Purkhart: Ich bin stolz darauf, hier als Coach arbeiten zu dürfen. Wir haben tolle Trainingsbedingungen sowie einige größere und viele kleinere Sponsoren, die uns finanziell zur Seite stehen. Was Bertelsmann und Miele für Gütersloh sind, das sind Strenge und Huga für Avenwedde.
Zwölf Jahre SVA - da gab es sicherlich nicht nur eitel Sonnenschein ...Purkhart: 1996 hatten wir ein Riesenproblem: Trotz Zusage sprangen uns damals sieben Stammspieler kurzfristig ab, die von Wiedenbrück weggelockt wurden. In der darauf folgenden Saison galten wir wegen der Personalprobleme als Absteiger Nummer eins, wir schlossen indes die Serie im oberen Drittel ab. Jenes Jahr ist gleichzusetzen mit unserem Verbandsliga-Aufstieg 2003.
Im Sommer 2005 erschütterte ein kleines Erdbeben die Jugendabteilung ...Purkhart: Bei den A-Junioren gab es unter Anleitung des damaligen Trainers und seines Assistenten 13 Abmeldungen auf einen Schlag. Das war schon ein Hammer für den Verein, auch wenn fünf der 13 Nachwuchsspieler wieder zurückkamen. Eine solch unerfreuliche Sache hinterlässt immer Spuren. Dank der neuen Trainer Vincent Walcott und Erik Humpert steuert die A-Jugend wieder in ruhigeren Bahnen.
Nach zwei Jahren wird es bald wieder einen neuen Präsidenten geben, der ein alter Bekannter ist ...Purkhart: Es ist kein Geheimnis mehr, dass Jochen Schuster 1. Vorsitzender werden soll. Es wäre schön, wenn er länger bliebe als nur zwei Jahre. Wir brauchen auch in diesem Amt mehr Kontinuität. Ich werde meinen Posten als Obmann der Fußballabteilung niederlegen, um mich ausschließlich um die erste Mannschaft kümmern zu können. Als Trainer und Teammanager in Personalunion.
Welche Zukunft hat der SV Avenwedde?Purkhart: Sicherlich keine schlechte. Aber wir müssen auf dem Boden der Tatsachen bleiben und nicht in Phantastereien verfallen. So kam aus den Klubreihen allen Ernstes der Vorschlag, auf unserem Gelände ein großes Trainingszentrum mit allem Schnickschnack zu errichten. Der ganze Spaß hätte mindestens zwei Millionen Euro gekostet. Doch wer soll das bezahlen? Verhältnisse wie in München an der Säbenerstraße sind in Avenwedde nicht machbar.
Sie haben beim SVA zwei treue Wegbegleiter ...Purkhart: Ja, der eine ist mein Co-Trainer Clemens Hanswillemenke, der mich schon seit neun Jahren vorbildlich unterstützt. Unsere Freundschaft hat sich im Laufe der Zeit vertieft, außerdem haben wir beide dasselbe Sternzeichen - Steinbock.
Und der andere heißt Jens Grundmann - allerdings trennen sich bald Ihre Wege ...Purkhart: Im vergangenen Jahr konnte ich Jens noch einmal überreden, eine Saison dranzuhängen. Nun aber ist Schluss - die Trainingsbelastung ist ihm zu groß geworden. Ich habe Jens Mitte der 90er-Jahre von unserer Reservemannschaft weggeholt. Damals sah er noch aus wie ein Rollmops. Fußballerisch hat Grundmann sogar mehr drauf als ein Kuranyi, ihm fehlt jedoch die Schnelligkeit.
Und nicht nur Ihr Torjäger sagt bald »Servus« ...Purkhart: Wir stehen vor einem personellen Umbruch, der Neuaufbau muss auch beginnen. Fünf Neue haben mir schon Ihre Zusage gegeben, unter anderem Rückkehrer Jakup Temin und Volker Klocke, Top-Torjäger beim lippischen Bezirksligisten Luerdissen. Ich lege zudem großen Wert darauf, den eigenen Nachwuchs zu fördern. Malte Etienne steht dafür als weiteres positives Beispiel. Gerade für junge Spieler ist der SV Avenwedde ein Schaufenster, in dem sie sich zeigen können.
Sie gelten als besonders fleißig und pflichtbewusst. Verlangen Sie das auch von Ihren Schützlingen?Purkhart: Ja, schließlich spielen sie nicht für lau in der Landesliga. es gibt bekanntlich Aufwandsentschädigungen. Ich kann jedenfalls nicht klagen: Unsere Trainingsbeteiligung liegt in der laufenden Serie bei stolzen 98 Prozent. Ich glaube, davon kann mancher meiner Kollegen nur träumen. Nie würde ich während einer Saisonvorbereitung in Urlaub gehen, das erwarte ich - abgesehen von Härtefällen - auch von meinen Jungs.
Letzte Frage: Sie können am besten beurteilen, wie sich der Fußball in der Landesliga seit den 90er-Jahren entwickelt hat ...Purkhart: Auch in unserer Klasse wird wesentlich schneller gekickt als früher. Man hat kaum noch Zeit, die Kugel am Fuß zu halten: Schon ist der Gegenspieler da und versucht zu stören. Das streckenweise hohe Tempo erhöht aber auch die Fehlerquote.

Artikel vom 25.02.2006