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Kunst der Superlative - Trio
»Vivace« in Bünde gefeiert

Unvergleichliche Show aus Comedy und Jonglage im Stadtgarten

Bünde (öse). Mikrofone schweben, wie von Geisterhand getragen, über die Bühne. Einmal kurz in Schwung gesetzt, beginnen Ölfässer einen ungestümen Tanz. Hinter all dem steckt die unergründliche, schwerelos wirkende Kunst von »Vivace«, dem Trio mit oft »bodenloser« Leidenschaft.
Andreas Wessels, Kristin Sroka und Jojo Weiß boten am Mittwochabend im Stadtgarten eine unvergleichliche Show, bei der Comedy, Artistik und Jonglage besonders viel »Hand und Fuß« besaßen. Zu Füßen lag ihnen das Publikum; die Begeisterung im beinahe ausverkauften Stadtgartensaal kannte keine Grenzen.
Wunderschön kreiert war auch der Background: Wie hinter einer geheimnisvollen Nebelwand agierte das zu Vivace gehörende Orchester unter der Regie von Tal Balshai; es umrahmte die Aktionen der Künstler mit klassisch-melodischem Flair.
Ach ja, der gute Ton der Klassik. Er geht so harmonisch in die Ohrmuschel und fühlt sich durch quietschende Geräuschwellen fast wie entweiht - aber gewiss nicht dann, wenn diese Töne, durch Handbewegungen entfacht, die »Kleine Nachtmusik« im sehr humorvollen Licht erscheinen lassen. Kein Ball ohne Tanz lautet die Devise. Vier, fünf - nein, sechs Bälle gleiten nur so um den Körper herum. Sich dem Magneten Erde ergeben? Nein, dann lieber weiter kreisende Luftschlösser bauen.
»Dein ist mein Her(t)z«, im Brummton der Überzeugung will das symbolische Radio diese Aussage treffen. Der »Wellensalat« aus Opernarie, Popmusik und politischem Geplänkel wird stimmlich, mit allen denkbaren Klangfarben, geschmackvoll »zubereitet« - eine Kunst der Superlative.
In Höchstform befinden sich auch die beiden Akteure, die sich zum Tischtennisspiel der etwas anderen Art treffen. Ein Flügel als Spielfläche (Tal Balshai entlockt ihm während des Matches musikalische Variationen), Pingbong-Bälle, die mit dem Mund aufgeschlagen und plaziert werden - die Zuschauer sind wie elektrisiert. Zu Raketen »mit Atomkraft« schwillt beinahe der Applaus an; kein Wunder bei dieser effektvollen Darbietung.
Wie schafft man den Spagat zwischen Stuhl und Boden? Kristin Sroka ist der lebende Beweis, wie Biegsamkeit und Grazie in Perfektion zu verbinden sind. Der Bolero von Maurice Ravell »kleidet« sie besonders gut; mit avandgardistischer »Tanzmode« sind ihre Elemente verknüpft.
Ein Sinnspruch für die Klassik ist noch vonnöten - doch ohne hintergründigen Humor geht er nicht über die Bühne: »Mozärtlich nimmt er sie am Haendel, sie gehen über den Bach und landen in der Haydn. Dort pflückt er ihr beethövlich einen Strauß«.
»Vivace« kommt aus dem Italienischen und bedeutet »lebhaft« oder »munter«. Beide Ausdrücke wären noch zu tief gestapelt für die großartigen Aktionen des gleichnamigen Trios. Sich wieder einmal von der schwerelosen Kunst verzaubern zu lassen würden sich viele Bünder wünschen.

Artikel vom 24.02.2006