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Haushalt pfeift
aus letztem Loch

Gebühren und Steuern nicht höher

Von Bärbel Hillebrenner
Bad Oeynhausen (WB). Die gute Nachricht passt ins Portemonnaie des Bürgers: Gewerbe- und Grundsteuern werden ebenso wenig erhöht wie die Gebühren für Müll, Kanal, Straßenreinigung. Und doch: Was den Haushalt der Kommune belastet, wirkt sich indirekt auf die Lebens- und Wohnqualität der Einwohner aus.

Die Straßen bleiben holperig, nur wenige Geh- und Radwege werden ausgebaut, Kreisel werden zurückgestellt, Elternbeiträge für Kindergärten könnten - möglicherweise - erhöht werden, Bäder sind sanierungsbedürftig. Es gibt viele kleine Beispiele, an denen jeder Einzelne die finanziellen Defizite zu spüren bekommt. Trotzdem haben es die Kommunalpolitiker - und der Kämmerer Marco Kindler - wieder geschafft, den Haushalt auszugleichen, ein Sicherungskonzept abzuwehren, den Schuldenstand zu reduzieren und in kleinen Positionen Geld zu sparen. Rücklagen aber sind langsam aufgebraucht.
Was auf kommunaler Ebene bei strenger Disziplin geklappt hat, scheint in anderen politischen Organen nur zu Lasten der Kleinsten zu funktionieren: »Den Letzten in der Reihe beißen die Hunde«, hatte gestern Abend SPD-Fraktionsvorsitzender Olaf Winkelmann in seiner Haushaltsrede gesagt. Und Kurt Nagel, CDU-Fraktionschef, formulierte es so: Auf der einen Seite würden die Kommunen belastet, auf der anderen Seite zur Kasse gebeten. Dieses Defizit, das Kreis, Land und Bund den Städten und Gemeinden zusätzlich aufbürdet, liegt bei 11,2 Millionen Euro - gerechnet hatte man mit 9,7 Millionen, auch das ist schon eine ungeheuerliche Summe.
Alle Fraktionsvorsitzenden waren sich in ihren Haushaltsreden darin einig, dass man vor Ort seine Hausaufgaben gemacht habe. Es hatte vorab kein polemisches oder populistisches Gerangel gegeben. Die geplante eine Million Kostenreduzierung ist beinahe geglückt, die Schulden gehen runter von 96,2 in 2004 auf aktuell 91,7 Millionen. Damit sinkt zwar die Pro-Kopf-Verschuldung von 1 944 auf 1 854 Euro, aber allein an Kreditzinsen müssen pro Monat 440 000 Euro zurückgezahlt werden - ohne Tilgung der Schulden selbst.
»Mit diesem Geld könnte man Sinnvolleres anstellen«, sagte Olaf Winkelmann. Zum Beispiel mehr die Wirtschaft ankurbeln, wies Wilhelm Ober-Sundermeyer darauf hin, dass laut FDP die Wirtschaftsförderung ein Stiefkind der Stadt sei. »Auch in schwierigen Zeiten sind Investitionen notwendig. Sie sollten zielorientiert sein, die Wirtschaft ankurbeln und den Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindern«, so Ober-Sundermeyer.
So steht die FDP weiterhin für ein Kombibad - was die CDU als »wilden Aktionismus« bezeichnet. Kurt Nagel: »Gesicherte Daten darüber, ob wir ein Kombibad überhaupt bauen können, liegen nicht vor.« Deshalb Beträge dafür in den Haushalt einstellen zu wollen, sei ungeheuerlich und ein falsches Signal für die Bürger. Allein die Kosten für ein Fachgutachten seien einfach als Behauptungen in den Raum gestellt worden, »ohne jeden Realitätsbezug«. Und Rainer Barg (Grüne/Bürgerforum) drückte es so aus: »Wer heute durch Anträge und Forderungen den Menschen suggeriert, man könne dieses und jenes locker finanzieren, ist ein Scharlatan.« Für ihn gehörten alle freiwilligen Leistungen auf den Prüfstand - eine seit Jahren bestehende Forderung von Grüne/BF. Dem entgegen steht zumindest in Bezug auf das Märchenmuseum die Meinung der FDP, »eine Erweiterung zum Zwecke der Fremdenverkehrswerbung nicht im Augenblick, aber den Ausbau in naher Zukunft weiter zu verfolgen«, wie Wilhelm Ober-Sundermeyer sagte.
l Einige Beispiele für teure Ausgaben in 2006: 1,9 Mio. Euro für Kanalbereich; 4,6 Mio. für Hoch- und Tiefbau; 770 000 für Brandschutz; 450 000 für Ausbau Ganztagsschule; 910 000 für Sporthalle Süd; 700 000 für Straßen, Geh- und Radwege.

Artikel vom 23.02.2006