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Naturfreunde haben
die Vögel im Visier

Hobbyornithologen sind jetzt besonders wachsam

Von Moritz Winde (Text und Foto)
Bad Oeynhausen (WB). Im Schritttempo rollt Dr. Walter Jäcker in seinem Geländewagen den Dehmer Feldweg entlang. »Langsamer, sonst scheuchst du sie auf«, sagt Beifahrer Erwin Mattegiet, während er durch sein Spektiv die Gegend absucht. In den Zeiten der Vogelgrippe sind die beiden Hobbyornitologen besonders wachsam.

Bis jetzt haben sie in Bad Oeynhausen jedoch keine toten Tiere ausfindig gemacht. »Natürlich beschäftigt uns das Thema Vogelgrippe. Täglich sind wir unterwegs und halten nach verendeten Tieren Ausschau«, sagt Dr. Walter Jäcker. Sogar zwischen zwei Gerichtsterminen ist der Rechtsanwalt aus Wöhren im Auftrag des Naturschutzes im Einsatz. Sein Fernglas hat er stets im Auto dabei. Und dennoch warnt der Experte, der sich seit rund 15 Jahren mit der Vogelkunde beschäftigt, vor unbegründeter Panikmache. Auch wenn er die Ängste der Bürger versteht, deute nichts darauf hin, dass das gefährliche Grippevirus H5N1 bereits in dieser Region Einzug gehalten hat. Denn an Vogelgrippe gestorbenes Federvieh haben die Hobbyornithologen noch nicht entdeckt. »Nicht jeder tote Vogel ist dem Virus zum Opfer gefallen. Es gibt in dieser kalten Zeit natürlich auch die normale, natürliche Auslese«, erklärt Erwin Mattegiet. Vor einigen Tagen erst hat sich ein aufgeregter, beunruhigter Anwohner bei ihm gemeldet, der einen toten Mäusebussard gefunden hat. »Der Raubvogel war jedoch keineswegs von der Grippe befallen. Er hat wegen der lang anhaltenden Kältezeit nur nichts zum Fressen gefunden«, sagt Mattegiet. Er warnt aber mit Nachdruck davor, verendete Tiere anzufassen. Sein Tipp: »Immer sofort die Behörden informieren.«
Erwin Mattegiet und Dr. Walter Jäcker, die Mitglieder der Arbeitsgruppe Natur- und Umweltschutz Bad Oeynhausen sind, arbeiten eng mit der biologischen Station in Minden zusammen. »Ich habe gerade noch mit der Leiterin telefoniert. Sie bat uns, das Verhalten der Vögel genau zu beobachten und jeden Verdachtsfall unverzüglich zu melden«, berichtet Erwin Mattegiet von dem Gespräch. Schließlich sei es nicht ausgeschlossen, dass die Vogelgrippe auch Nordrhein-Westfalen erreicht. NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg rechnet sogar fest damit und trifft daher schon jetzt alle Vorbereitungen für den Ernstfall. Das langsame Vorgehen der Behörden auf Rügen bemängelt nicht nur der CDU-Politiker. Auch die beiden Ornithologen aus Bad Oeynhausen sind mit dem späten Eingreifen nicht einverstanden. »Die toten Vögel hätten viel schneller entsorgt werden müssen«, sind sich Mattegiet und Jäcker einig.
Gefahr gehe insbesondere von den Zugvögeln aus. Tausende von ihnen kommen jetzt im Frühling wo es wieder wärmer wird aus dem Süden zurück, um den Sommer über an der Weser zu verbringen. Die ersten Vorboten des Sonnenscheins entdeckte Erwin Mattegiet bereits gestern. Etliche Stare tummelten sich neben wilden Gänsen und Enten auf den Freiflächen nahe des heimischen Flusses. »Vögel brauchen Wasser zum Leben. Daher überwintern viele Tiere aus Skandinavien momentan hier bei uns. Dort sind die Gewässer zugefroren«, erläutert der 63-jährige Dehmer.
Dass aufgrund dieser langen Reisen der Zugvögel eine Übertragung der Krankheit durchaus möglich ist, verschwiegen Erwin Mattegiet und Dr. Walter Jäcker nicht. Dennoch betonten die Experten nochmals Ruhe zu bewahren. Sie werden weiterhin auf der Lauer liegen.

Artikel vom 22.02.2006