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Diebe zerstören wertvolle Zucht

23 Preistauben gestohlen - RV-Kollegen fragen zuvor nach der Abstammungsliste

Von Reinhard Kehmeier
(Text und Fotos)
Bünde/Löhne (BZ). Hans-Jürgen Zurheide (58) kann es nicht fassen, was ihm da zugestoßen ist. Der erfolgreiche Taubenzüchter ist am Boden zerstört. 23 seiner wertvollsten Preistauben sind aus einem Schlag gestohlen worden. Beinahe vor dem Schlafzimmerfenster. Der Löhner ist sicher: »Das bringt keiner fertig, der sich nicht auskennt.«

Ein Bünder Züchter, der aus Altersgründen seinen Schlag auflöste, hatte ihm vor sieben Jahren seine besten »Renner der Lüfte« für einen Freundschaftspreis überlassen. Und Jürgen Zurheide setzte die Zucht der »Janssen Neulemann« fort, einer Taubenrasse mit rötlichem Gefieder. Seit dem zwölften Lebensjahr beschäftigt sich Hans-Jürgen Zurheide mit Brieftauben, sein Bünder Kollege gehörte mit seinem Wissen und seinen exzellenten Tieren zu den wichtigsten Förderern. Nach fünfjähriger Zucht gelang es dem Züchter aus Westscheid, an die Erfolge des Bünders anzuknüfen. Seine »Janssen« brachten ihm Pokale, Urkunden und Ehrenpreise. Das sprach sich weit herum, auch unter den Züchterkollegen innerhalb der Reisevereinigung Wiehengebirge mit ihren zwölf Vereinen im Ravensberger Land. Der Heimatverein des Westscheiders, Wanderlust Mennighüffen, ist einer davon.
Hans-Jürgen Zurheide erhielt Besuch und ungezählte Anrufe. Dabei ging es immer wieder um seine Janssen. Zwei Züchterkollegen aus dem Bünder und Herforder Raum deutsch-polnischer Herkunft drängten ihn immer wieder, die Janssen zu verkaufen »oder ich sollte sie anpaaren«. Der Westscheider ließ sich trotz zahlloser Anrufe nicht auf den Handel ein. Vor zwei Wochen kamen die beiden, um wenigstens einen Jungvogel zu erwerben. Dabei ließen sie sich eine Kopie der Abstammungsliste, den Stammbaum, der Janssen-Neulemann-Tiere anfertigen. Vierzehn Tage später erhielt er nachts den ungebetenen Besuch.
Als Zurheide, Frührentner aus gesundheitlichen Gründen, wie jeden Mittag am vergangenen Donnerstag den Taubenschlag aufsuchte, versorgte er zunächst die Tiere im Obergeschoss. »Dann denke ich, ich sehe nicht richtig. Der Schlag war abgeräumt. Die Tauben, für die man richtig Geld bezahlt hat, fallen einem natürlich sofort ins Auge.« Gezielt waren unter mehr als 100 Vögeln diejenigen mit dem leicht rötlichen Gefieder herausgesucht worden. »Das bringt niemand fertig, der sich nicht auskennt«, schüttelt Zurheide den Kopf. Er weiß, dass in Polen viel Geld bezahlt wird für die besten Tiere und die Züchter dort geradezu fanatisch ihrem Hobby nachgehen: »Bei unseren Reisen ist es vorgekommen, dass uns Tiere beim Start mit dem Kescher weggefangen wurden.«
Die große internationale Taubenschau in Kattowitz, bei der der Einsturz des Dachs auf eine furchtbare Weise Schlagzeilen machte, war eine Börse, die den hohen Stellenwert des Brieftaubensports in Polen dokumentierte.
Die Leidenschaft eines Züchterlebens kennt Hans-Jürgen Zurheide allzugut. Durchschnittlich drei Stunden am Tag widmet er sich der Fütterung und Pflege des Federviehs. Er besucht selbst viele Ausstellungen und tauscht sich aus über Rezepte, die reisenden Boten schneller und leistungsfähiger zu machen.
Aber er kann sich nicht vorstellen, dass Züchterkollegen sich bestehlen. Für ihn ist der Schaden unermesslich, jahrelange Zuchtarbeit vergeblich: »Solche Tauben kriege ich nie wieder. Ich kann die Zucht man zugeben.« Wenn er jetzt auf den Schlag geht zu den verbliebenen Blau-scheck-Tauben, merkt er sofort, wie nervös die Tiere sind: »Hier war jemand, der hier nicht zu suchen hatte.«

Artikel vom 23.02.2006